Dienstag, 03. Oktober 2023

Klimaklagen
Wenn Zivilpersonen für den Klimaschutz vor Gericht ziehen

Rentnerinnen, junge Leute oder Landwirte reichen immer häufiger Klage vor Gericht ein, um Regierungen, aber auch Konzerne zu zwingen, mehr für den Klimaschutz zu tun. Immer öfter geben die Gerichte ihnen recht.

27.09.2023

    Feuer bei dem portugiesischen Dorf Pessegueiro, das teilweise von einem Waldbrand umgeben ist.
    Nach den Waldbränden 2017 in Portugal wurde jungen Menschen klar, dass sie auf mehr Klimaschutz drängen müssen. Nun klagen sie in Straßburg. (picture alliance / ZUMAPRESS.com / 8418)
    Im Juni 2017 brannten nach einer Hitzewelle die Wälder in Zentralportugal. Der Rauch war selbst auf NASA-Luftaufnahmen zu sehen. 100 Menschen starben, riesige Flächen Wald wurden zerstört. Bei sechs jungen Portugiesen war das der Moment, als sie erkannten, dass sie etwas gegen den Klimawandel tun müssen. Sie schlossen sich zusammen und reichten beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Klage gegen 32 Staaten ein.
    Sie sind damit nicht allein. Seit 2020 hat sich die Zahl der sogenannten Klimaklagen vervierfacht – insgesamt stieg sie weltweit auf 2000 an, heißt es von der London School of Economics. Einzelpersonen klagen gegen Regierungen, die in ihren Augen viel zu wenig für den Klimaschutz tun, und gegen Unternehmen, die zu viel CO2 ausstoßen. Doch nur ein Bruchteil der eingereichten Klagen schafft es tatsächlich bis vor das Gericht. Darum gibt es bislang nur wenig etablierte Rechtsprechung zum Klimawandel. Initiiert und unterstützt werden die Klagen häufig von Umweltschutz-Organisationen. Wir stellen einige Beispiele vor.

    Überblick

    Sechs gegen 32: Junge Portugiesen klagen für Klimaschutz

    Am 27. September hat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg der Prozess begonnen, den sechs Jugendliche aus Portugal gegen 32 Staaten angestrengt haben. Die Elf- bis 24-Jährigen waren 2017 von den Waldbränden in ihrer Heimat im so sehr betroffen, dass sie sich entschlossen, den Klimaschutz mithilfe einer Klage durchzusetzen. Unterstützt werden sie dabei von der Nichtregierungsorganisation Global Legal Action Network (GLAN).
    Neben den 27 EU-Mitgliedsstaaten müssen sich auch Norwegen, Russland, Türkei, die Schweiz und Großbritannien vor den Richtern verantworten. Die jungen Kläger sehen wegen mangelnden Klimaschutzes drei ihrer Rechte verletzt, die in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte verbrieften sind: das Recht auf Leben (Artikel 2), das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 8) sowie das Diskriminierungsverbot (Artikel 14).
    Die jungen Kläger sorgen sich um ihre eigene Zukunft in einem immer heißeren Klima sowie um die Zukunft ihrer Familien, die sie später gründen könnten. Ihre Klage zielt darauf ab, dass sich die 32 Staaten an die im Pariser Klimaabkommen getroffenen Ziele zur Eindämmung der Erderwärmung halten und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Dies sei bisher nicht passiert.

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    Es ist das erste Mal, dass sich der EGMR so explizit mit dem Klimawandel befasst. Das Gericht hat dem Verfahren Vorrang eingeräumt, es wird in der Großen Kammer verhandelt, der 17 Richter angehören. Außer der Klage der Portugiesen wird auch die einer Gruppe Schweizer Seniorinnen in Straßburg verhandelt.

    Historisches Urteil in Montana und das Recht auf eine gesunde Umwelt

    Am 14. August 2023 hatten Hauptklägerin Rikki Held und 15 weitere jugendliche Klägerinnen im US-Bundesstaat Montana allen Grund zur Freude. Das Gericht urteilte, dass Montana ihr Verfassungsrecht auf eine saubere und gesunde Umwelt verletzt habe. Künftig müssen Behörden des Bundesstaats möglicherweise die Folgen für das Klima prüfen, bevor sie ihre Zustimmung zu Erdöl- oder Erdgasprojekten geben.
    Junge Klimaaktivistinnen im US-Bundesstaat Montana erzielen vor Gericht einen Erfolg (Our Children's Trust)
    Junge Klimaaktivistinnen im US-Bundesstaat Montana erzielen am 14.8.2023 vor Gericht einen Erfolg (AFP PHOTO / Robin Loznak/Courtesy of Our Children's Trust)
    In dem Prozess „Held vs. Montana“ haben 16 Klägerinnen und Kläger im Alter von fünf bis 22 Jahren Montana vorgeworfen, ihnen sei durch die "gefährlichen Auswirkungen fossiler Energien und die Klimakrise" Schaden zugefügt worden. Repräsentiert wurden sie vor Gericht durch Our Children’s Trust, einem gemeinnützigen Verein. Mithilfe von Gutachten versuchten sie zu beweisen, dass die Erderwärmung eine direkte Folge von Treibhausgasemissionen ist.
    Montana ist einer der wenigen Bundesstaaten, die das Recht auf saubere Umwelt für heutige und künftige Generationen in der Verfassung verankert haben. Gleichzeitig bezieht der Bundesstaat nach Aussagen der New York Times ein Drittel seiner Energie aus fossiler Energie. Klägerin Taleah Hernandez sagte, sie habe den Eindruck, der Bundesstaat stelle Profit über das Wohlergehen der Menschen, „obwohl sie genau wissen, dass es sichtbare Schäden gibt für das Land und die Menschen“.

    Klägerin Rikki Held: Vieh ist wegen der Dürre gestorben

    Hauptklägerin Rikki Held, deren Familie eine Ranch in Montana betreibt, sagte vor Gericht aus, dass Waldbrände, extreme Temperaturen und Dürre die Existenzgrundlage und das Wohlergehen ihrer Familie gefährde. Sie erinnere sich an Waldbrände, bei denen Stromkabel über Dutzende Kilometer hinweg verbrannt seien, "so dass wir einen Monat lang keinen Strom hatten".
    Den jugendlichen Klägerinnen und Klägern, die laut dem US-Fernsehsender CNN auf Viehfarmen, in Reservaten und in aufstrebenden Industriestädten in ganz Montana aufwachsen, ging es nicht um eine finanzielle Entschädigung, sondern stattdessen um eine Erklärung, dass ihre Rechte verletzt wurden. Ihr Erfolg ist kein Schnellschuss – siebenmal waren die Klimaaktivisten laut dem juristischen Vertreter von Our Children's Trust zuvor mit Gerichtsanträgen gescheitert.

    Klimawissenschaftler im Kreuzverhör

    Der Klimajurist Michael Gerrard von der Columbia Universität nannte das Urteil im US-Nachrichtensender NPR „einen Wendepunkt“. Erst zum zweiten Mal seien Klimawissenschaftler im Zeugenstand ins Kreuzverhör genommen worden, so Gerrard.
    Das Urteil habe Signalwirkung, weitere Klimaklagen in anderen Bundesstaaten würden folgen, zeigte sich auch Our Children’s Trust nach einem Bericht der New York Times sicher. Experten teilen diese Einschätzung, dass nun ähnliche Klagen in anderen Bundesstaaten folgen werden. Allerdings nannte Sprecherin des Generalstaatsanwalts von Montana das Urteil „absurd“ und kündigte an, in Berufung zu gehen. Das dürfte die Klimaaktivisten von Montana aber nicht schrecken.

    Die Klimaseniorinnen und die besondere Gefährdung älterer Frauen

    Die Schweizer Seniorin Rosmarie Wydler-Wälti zeigte sich am 29. März 2023 zufrieden. Die Anhörung der Schweizer Klimaseniorinnen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg sei sehr gut gelaufen. Erstmals wurde an dem Gericht ein mögliches staatliches Versagen gegenüber dem Klimawandel verhandelt.

    Grundrechte und die persönliche Betroffenheit

    Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehören Frauen über 75 zu den besonders vulnerablen Gruppen. In der extremen Hitzewelle im Sommer 2022 seien überproportional viele Frauen über 75 gestorben, sagt Rosmarie Wydler-Wälti. Damit sind sie in ihren Grundrechten besonders beeinträchtigt, machen die Klimaseniorinnen geltend.
    Wenn es um die Grundrechte geht, dann gilt: Die Kläger müssen persönlich betroffen sein, sie können also nicht stellvertretend für andere klagen. Darum können nur sie diese Klage führen, auch wenn es ihnen nicht nur um sich selbst, sondern auch etwa um Generationengerechtigkeit geht, sagte Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin der Schweizer Klimaseniorinnen, in Deutschlandfunk Kultur.
    Klagen der Aktivistinnen vor Schweizer Gerichten waren 2016 und 2017 abgelehnt worden. Umso mehr freut sich Rosmarie Wydler-Wälti darüber, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ihre Klage angenommen und die Klimaseniorinnen bei der Anhörung am 29. März 2023 „sehr ernst genommen hat“. Richterinnen und Richter seien sehr an den wissenschaftlichen Hintergründen interessiert gewesen. Der Bericht des Weltklimarats, der gerade herausgekommen sei, habe die Argumentation der Klägerinnen gestützt.
    Die Klimaseniorinnen wollen laut eigener Aussage erreichen, dass die Emissionsziele ihres Landes verschärft werden. Außerdem fordern sie auch „eine unabhängige gerichtliche Prüfung der Klimapolitik“. Unterstützt werden sie dabei von der Umweltorganisation Greenpeace. Sie finanzieren sich nach eigenen Angaben über Spendengelder und sind finanziell unabhängig.
    Die Schweiz habe ihren CO2-Ausstoß zum großen Teil ins Ausland verlegt, durch eine Vielzahl an Importen, aber auch, weil viele Banken, Rohstoffe und Großkonzerne über die Schweiz liefen. „Das müssen wir auch mit einbeziehen, das müssen wir auch mit verantworten“, fordert die Co-Chefin der Schweizer Klimaseniorinnen in Deutschlandfunk Kultur.

    EGMR-Urteil wegweisend für die Klimarechtssprechung

    Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) würde erst mal nur die Schweiz betreffen, wäre aber für alle Mitgliedsstaaten des Europarats wegweisend. Der Gerichtshof ist offensichtlich sehr interessiert daran, diese Frage zu klären. Mit einem Urteil ist frühestens im Herbst, wahrscheinlicher wohl aber erst im kommenden Jahr zu rechnen.

    Junge Leute und das Recht auf Generationengerechtigkeit

    Die Agrarstudentin Sophie Backsen von der Insel Pellworm und Luisa Neugebauer von Fridays for Future zeigten sich am 29. April 2021 erleichtert und glücklich. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe bewertete das Klimaschutzgesetz in Teilen als verfassungswidrig - es müsse nachgebessert werden.

    Epochales Urteil in Karlsruhe

    Die Klagenden würden durch die gesetzlichen Regelungen in ihren Freiheitsrechten verletzt, urteilte Karlsruhe. "Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030," so die Richterinnen und Richter. Den Anstieg der Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, sei dann nur mit immer dringenderen und kurzfristigeren Maßnahmen machbar. Im Gesetz fehlten ausreichende Vorgaben, wie genau die Treibhausgasemissionen ab dem Jahr 2031 gemindert werden sollen, so das oberste deutsche Gericht. Bis Ende 2022 müsse bei den Reduktionszielen nachgebessert werden.
    Backsen und Neugebauer gehörten zu einer großen Gruppe vorwiegend junger Klägerinnen und Klägern aus dem In- und Ausland. Unterstützt wurden diese von Greenpeace und von weiteren großen Umweltschutzorganisationen wie BUND, Germanwatch und der Deutschen Umwelthilfe, dem Solarenergie-Förderverein Deutschland und Protect the Planet unterstützt.
    Organisation dürfen in Deutschland nicht selbst klagen, sondern nur Menschen, die unmittelbar in eigenen Grundrechten betroffen sind. In den Niederlanden ist das anders, dort hatte 2019 die Umweltschutzorganisation Urgenda erfolgreich geklagt – mit dem Ergebnis, dass das Tempolimit auf Autobahnen verschärft und der Kohleausstieg beschleunigt wurde.
    Sophie Backsens Famile war neben zwei anderen Familien von der Umweltschutzorganisation Greenpeace angesprochen worden, ob sie sich an der Klimaklage beteiligen würde. Backsen studierte zu der Zeit Agrarwissenschaft und will später vielleicht den Biohof ihrer Eltern auf der nordfriesischen Insel Pellworm übernehmen. Pellworm liegt schon jetzt teilweise unter dem Meeresspiegel. Dort vernünftig Landwirtschaft zu betreiben, wird künftig immer komplizierter, sagte Sophie Backsen in Deutschlandfunk Nova. Sie will ein Recht auf Zukunft, hatte Sophie Backsen argumentiert.

    Klimakläger zunächst vor dem Verwaltungsgericht Berlin gescheitert

    Wie anderen Klimakläger auch waren die Familien von der Insel Pellworm zuvor gescheitert. 2018 hatten sie bereits gemeinsam mit Greenpeace vor dem Verwaltungsgericht in Berlin geklagt, Deutschland müsse mehr machen, um das selbst gesteckte Ziel einer Senkung der Emissionen von Treibhausgasen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen. Im Herbst 2019 hatte das Berliner Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung zurückgewiesen, es bestehe „keine ausreichende individuelle Betroffenheit der Kläger“.
    Einer der Kläger war Lucas Lütke Schwienhorst. Ihm gehe es nicht in erster Linie um den Erfolg vor Gericht. Er wolle die Problematik zeigen als jemand, der direkt von den Klimaveränderungen betroffen sei.
    „Das ist bei den Landwirten natürlich wesentlich krasser. Also, ich glaube, dass es total wichtig wäre, dass das auch andere Leute das schärfer im Bewusstsein haben, weil das ist ja eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“

    Kleinbauer aus Peru - Klagen gegen die Industrie

    Als der peruanische Bergführer und Kleinbauer Saul Luciano Lliuya am 23. September 2018 mit dem Kasseler Bürgerpreis ausgezeichnet wird, gratuliert ihm Claudia Kemfert, Energieexpertin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nach Angaben der Umweltorganisation Germanwatch dazu, „schon jetzt Rechtsgeschichte geschrieben zu haben“.
    2015 hatte der peruanische Bauer eine Klimaklage gegen den Energiekonzern RWE am Landgericht Essen eingereicht, weil das Schmelzwasser des Gletschers sein Dorf und sein Haus bedroht. Das Verfahren hatte weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Bis dahin hatte noch nie ein einzelner Mensch in einem zivilrechtlichen Verfahren einen Konzern wegen des Klimawandels vor Gericht gebracht. Unterstützt wird der Bergbauer von der Umweltorganisation Germanwatch.
    Der Kläger Lliuya verlangte, dass der Essener Konzern 0,47 Prozent der Kosten für Schutzmaßnahmen für sein Haus und Dorf übernimmt, weil er als größter Emittent Europas mitverantwortlich für die Folgen des Klimawandels durch die produzierten CO2-Emissionen ist.
    In Essen wurde die Klage in erster Instanz zwar abgewiesen, die Klimaschützer setzten aber ihre Hoffnungen in die Rechtsmittelinstanz – in das Oberlandesgericht in Hamm. Dieses gab dem Kläger in zweiter Instanz Recht. "Der 5. Zivilsenat hat heute Rechtsgeschichte geschrieben.“, sagte Roda Verheyen, die Anwältin des Klägers, nach Angaben der Umweltorganisation Germanwatch am 13. November 2017. Das Gericht habe klar zu erkennen gegeben, dass große Emittenten wie RWE grundsätzlich verpflichtet sind, Betroffene von Klimaschäden in armen Ländern zu unterstützen.
    Das Gericht ordnete auch eine Beweisaufnahme in Peru an. Nachdem sich der Ortstermin in Huaraz durch die Corona-Pandemie zunächst verzögert hatte, trafen zwei Richter des Oberlandgerichts Hamm (OLG), Rechtsvertreter beider Parteien und Sachverständige im Mai 2022 zum Ortstermin in der Andenstadt Huarez ein. Sie sollten überprüfen, ob das Haus von Saul Luciano Lliuya tatsächlich vor einer möglichen Flutwelle des oberhalb der Stadt liegenden Gletschersees Palcacocha bedroht ist. Bereits am 5. Februar 2019 war eine Eislawine in den Gletschersee gestürzt und hatte meterhohe Wellen ausgelöst.
    Nach einem Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit“ nahmen die Gutachter Messungen vor, entnahmen Bodenproben und machten Drohnenaufnahmen.
    Die Kosten für die Reise nach Peru bezifferte das OLG Hamm nach Angaben des Wochenmagazins "Die Zeit" auf 320.000 Euro. Der Kläger musste die Summe vorstrecken. Mit dem Urteil wird das Gericht entscheiden, wer die Kosten am Ende tragen muss.

    Nächste Verhandlungsrunde am OLG Hamm verzögert sich

    Das Gutachten über die Gefahrenlage sollte zunächst bis Ende 2022 vorliegen, dann bis Sommer 2023. Die Anwältin des Klägers, Dr. Roda Verheyen, zeigte sich nach Angaben von Germanwatch enttäuscht: „Es ist schwer verständlich, dass bald ein Jahr nach dem Ortstermin noch kein Gutachten vorliegt.“ Infolge der Verzögerung schiebt sich auch der nächste Verhandlungstermin am OLG Hamm nach hinten.

    Fazit: Was bringen Klimaklagen?

    Zusammengefasst lässt sich sagen: Klimaklagen können Klimapolitik zwar nicht ersetzen, sie aber vorantreiben. Sie stoßen gesellschaftliche Debatten an und üben somit Druck sowohl auf Regierungen als auch auf Unternehmen aus. Indirekt nehmen sie damit also sehr wohl Einfluss auf den Klimaschutz.
    Die Zahl sogenannter Strategischer Klagen hat in den letzten Jahren nicht nur im Klimaschutz, sondern auch in vielen anderen Rechtsgebieten zugenommen. Bürger- und Menschenrechtsorganisationen nutzen dieses Instrument, um auf gerichtlichem Weg ihren Anliegen Nachdruck zu verleihen. 

    Die Geschichten der Kläger und Betroffenen erzählen

    Befürworter sagen, die politische Debatte werde dadurch bereichert und das Rechtsbewusstsein insgesamt gestärkt. Für Caroline Schroeder von der Umweltorganisation Germanwatch zählt aber noch etwas anderes:
    Klimaklagen geben der Problematik des Klimawandels ein Gesicht, die über die rechtliche Bedeutung weit hinausgeht. Es gehe auch darum, „diese Geschichten zu erzählen, von diesen Klägern, aus ihrem Alltag: Inwieweit sind die betroffen? Was macht die Klimakrise eigentlich? Was hat das mit den Grundrechten zu tun?“

    Claudia Sarre, Peggy Fiebig, Agenturmaterial, Alexander Göbel, Ivo Marusczyk, Henning Hübert, tha, dpa, AFP, rzr