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Asteroid Apophis
Streifschuss an der Erde vorbei

Im April 2029 rast der 300 Meter große Asteroid Apophis extrem knapp an der Erde vorbei. Forschende nehmen das zum Anlass, über die Abwehr kosmischer Geschosse zu diskutieren. Und sie wollen Apophis beim Vorbeiflug auch direkt untersuchen.

Von Karl Urban | 13.05.2022
Ein Asteroid passiert den Mond und nähert sich der Erde (Künstlerische Darstellung)
Ein Asteroid passiert den Mond und nähert sich der Erde (Künstlerische Darstellung) (imago/Science Photo Library)
Im Jahr 2004 finden US-Astronomen am Himmel einen unscheinbaren Punkt: Es ist ein neuer Asteroid, was für sich nicht ungewöhnlich ist. Doch dieser Asteroid ist besonders: Erste Berechnungen ergeben, dass er mit einer Wahrscheinlichkeit von 2,7 Prozent im April 2029 auf die Erde stürzen könnte. Die Entwarnung kommt erst zwei Jahre später, dank genauerer Beobachtungen. Der 350 Meter breite Asteroid, der mittlerweile den Namen Apophis trägt, wird die Erde verfehlen, wenn auch nur knapp.
„Apophis wird die Erde im Bereich des geostationären Orbits bei 30.000 Kilometern passieren. Man wird ihn beobachten können, zum Beispiel aus dem Nahen Osten oder aus Osteuropa. Er wird relativ hell sein, das heißt, man wird ihn so gerade mit dem bloßen Auge oder mit einem Fernglas beobachten können", sagt Vishnu Reddy, einer der Teilnehmer der Konferenz "Apophis T minus sieben Jahre".

Könnten kleine Objekte durchs Beobachtungsnetz schlüpfen?

Obwohl der Einschlag mittlerweile als ausgeschlossen gilt, haben sich Astronomen mit Planspielen auf das Ereignis vorbereitet. Reddy gehört zu einer Gruppe von hundert Forschenden weltweit, die nun schon zum dritten Mal diskutieren, wie die Erde potentiell gefährliche Asteroiden erkennen und abwehren könnte. Das Ergebnis: Nur, wenn bestehende Suchteleskope weiter ausreichend finanziert werden, besteht eine Chance, auch kleinere Brocken zu entdecken.
„Wir haben Werkzeuge und Techniken, um Himmelskörper der Größe von Apophis zu erkennen. Herausfordernd sind die kleineren Objekte. Ein 140 Meter großer Asteroid kann große Teile eines Landes zerstören oder ein kleines Land ganz ausradieren. Diese Brocken müssen wir finden! Und dann müssen wir sie ausreichend genau studieren, um ihre Umlaufbahnen über hundert Jahre in die Zukunft zu berechnen.“

OSIRIS-REx auf Stippvisite

Während Asteroiden der 300-Meter-Klasse von Apophis heute zu großen Teilen bekannt sind, kennen Astronomen erst schätzungsweise zehn Prozent aller Objekte, die nur halb so groß sind. Um für den Ernstfall auch die mechanischen Eigenschaften solcher Asteroiden besser zu verstehen, möchte die NASA Apophis bei seinem Vorbeiflug im Jahr 2029 deshalb auch direkt beobachten: Die US-Raumfahrtagentur wird die Raumsonde OSIRIS-REx zu Apophis schicken, die gerade noch auf dem Weg zurück von einem anderen Asteroiden ist.
Michael Nolan leitet das Wissenschaftsteam der Mission: „Wir sind selten in der Lage, mit etwas so Großem zu experimentieren. Wir wollen vor allem verstehen, wie das Sonnenlicht den Asteroiden verändert. Es könnte sein, dass die Oberfläche beim Vorbeiflug ein wenig freigelegt wird. Wir glauben zwar nicht, dass sich die Form von Apophis dramatisch verändern wird, aber es könnte auch zu kleinen Erdrutschen kommen."

Welche Abwehrmaßnahmen könnten funktionieren?

Die Raumsonde soll Apophis nach drei Schwungmanövern an der Erde im April 2029 erreichen, kurz nach dessen knappen Vorbeiflug an der Erde. OSIRIS-REx soll Bilder machen und möglicherweise mit dem Roboterarm auf der Oberfläche graben, um eine wichtige Frage zu klären: Wie fest ist das Material? Wie würde ein Asteroid wie Apophis reagieren, wenn auf ihm Sprengstoff oder im Notfall auch Atomwaffen gezündet werden? Diese Fragen sind noch immer offen.
Michael Nolan: „Nach unserem heutigen Wissen müssten wir extrem vorsichtig sein, weil wir Asteroiden noch nicht gut genug verstehen. Wenn wir sie genauer studiert haben, könnten wir sie eines Tages vielleicht schon mit einfachen Maßnahmen ablenken, die gar nicht sonderlich gewaltsam sind.“