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Vulkan-Explosion auf Tonga
Nur minimaler Kühleffekt für das globale Klima

Noch ist nicht absehbar, welche Schäden der Vulkanausbruch vom Wochenende auf den Tonga-Inseln angerichtet hat. Paradoxerweise könnte die gewaltige Explosion auch positive Auswirkungen haben - auf das globale Klima nämlich. Diese Hoffnung wird sich aber laut ersten Modellrechnungen wohl nicht bestätigen.

Von Volker Mrasek | 18.01.2022
Blick aus einem Flugzeug, das über mit Asche bedeckten Häusern und Vegetation auf der Insel Tonga fliegt.
Blick aus einem Flugzeug, das über mit Asche bedeckten Häusern und Vegetation auf der Insel Tonga fliegt. (dpa/Vanessa Parker)
Damit sich ein Vulkan spürbar auf das Klima auswirkt, muss er Dampf und Gas so hoch hinausspeien, dass sie das Dach der Wetterschicht durchstoßen, der Troposphäre. Nur so gelangt Schwefeldioxid am Ende in die darüberliegende Stratosphäre und formt langlebige Sulfat-Aerosole. Diese Schleier auf feinen Schwebstaubpartikeln schirmen dann einfallendes Sonnenlicht ab und kühlen das Klima auf diese Weise.

Der Vulkanausbruch auf der Inselgruppe Tonga im tropischen Pazifik war so gewaltig. Satellitenbeobachtungen bestätigen das. Die Wetterschicht sei dort etwa 15 bis 16 Kilometer hoch, sagt der Atmosphärenphysiker Ghassan Taha von der US-Raumfahrtbehörde NASA:

“Unser Instrument hat zwei Signale aus dem All entdeckt: ein schwächeres am Donnerstag und ein stärkeres am Samstag. Schon beim ersten Mal erreichten die Aerosole eine Höhe von 18 bis 20 Kilometern. Dann kam der Ausbruch am Wochenende, von dem jetzt alle sprechen. Da gelangten sie sogar bis in 30 Kilometer Höhe, wie unsere Aufnahmen zeigen.“

Die Explosivkraft hätte ausgereicht - aber nicht die Gasmenge

Was ihre Explosivkraft angeht, hat die Eruption des Hunga Tonga Hunga Ha'apai also schon einmal das Zeug dazu, klimaverändernd zu wirken. So wie der Pinatubo auf den Philippinen vor 21 Jahren. Seine Vulkangase sollen sogar bis zu 40 Kilometer hoch in die Stratosphäre geschleudert worden sein. Und der Pinatubo hat das Klima der Erde damals tatsächlich eine Zeit lang abgekühlt. Ghassan Taha:

“Es ist nun die Aufgabe von Computermodellierern, aus unseren Satellitenmessungen abzuleiten, welche Auswirkungen diesmal auf das globale Klima zu erwarten sind. Entscheidend dafür ist die Menge an Schwefeldioxid, die in die Stratosphäre gelangt ist.“

Erste Schätzungen der in die Höhe geschossenen Gasmengen liegen vor. Alan Robock hat sie sich gleich angeschaut. Er ist Professor für Umweltwissenschaft an der Rutgers University in den USA und forscht über Vulkane und Klima:

“Die Satellitenmessungen ergeben rund 400.000 Tonnen Schwefeldioxid-Gas aus dem aktuellen Ausbruch. In der Stratosphäre entstehen daraus Schwefelsäure-Tröpfchen, die das Licht der Sonne reflektieren und die Erde kühlen. 400.000 Tonnen Schwefeldioxid sind aber nicht sehr viel. Beim Ausbruch des Pinatubo 1991 waren es 20 Millionen Tonnen!“

Abkühlungs-Effekt wahrscheinlich nur ein Hundertstel Grad

Das ist das 50fache. Oder andersherum: Die Eruption des Hunga Tonga Hunga Ha'apai im Pazifik kommt nur auf zwei Prozent der Schwefeldioxid-Mengen aus dem Pinatubo damals:

“Der Pinatubo hat das Klima der Erde um etwa ein halbes Grad Celsius abgekühlt. Dementsprechend kann man vom aktuellen Ausbruch nur ein Fünfzigstel davon erwarten, als eine Abkühlung um ein Hundertstel Grad. Ich denke also, wir werden praktisch keine Auswirkungen dieser Vulkaneruption auf das Klima sehen.“

Zumindest nicht für den Moment. Natürlich kann es sein, dass sich der Hunga Tonga Hunga Ha'apai noch nicht beruhigt hat und noch einmal von seiner explosiven Seite zeigt. Er gilt weiter als aktiver Vulkan, in dem es rumort.