Es sind immer wieder die gleichen Bilder, wenn der Regen nicht mehr aufhört: Flüsse treten über die Ufer, Menschen müssen von Dächern gerettet werden, Wassermassen reißen Autos mit sich. Marktplätze, Felder und Straßen sind überflutet, Luftaufnahmen zeigen besiedelte Gebiete, die komplett unter Wasser stehen.
Prognose: Starke Regenfälle werden häufiger
Wegen starker Regenfälle führt die Elbe in Sachsen und Sachsen-Anhalt im September 2024 Hochwasser. In Dresden überstieg der Wasserspiegel am 18. September die Sechs-Meter-Marke. Damit gilt Alarmstufe 3. Ab Alarmstufe 4 sehen Experten Gefahr für Leib und Leben. Der Normalstand in der Landeshauptstadt beträgt 1,42 Meter. Bei der Jahrhundertflut 2002 stieg das Wasser sogar auf 9,40 Meter. Auch in Brandenburg und Bayern ließen im September 2024 Niederschläge die Flüsse ansteigen.
Wissenschaftler warnen schon länger: Extreme Regenfälle und Hochwasser wird es wegen des Klimawandels zukünftig öfter in Deutschland geben.
Inhalt
- Warum regnet es manchmal so viel?
- Welche Rolle spielt die Klimakrise bei Überschwemmungen?
- Welche anderen Ursachen führen zu Hochwasser?
- Wird es in Zukunft mehr Hochwasser geben?
- Welche Hochwasserereignisse in anderen Ländern gehen auf den Klimawandel zurück?
- Wie können wir uns vor Überschwemmungen schützen?
Warum regnet es manchmal so viel?
September 2024: Auslöser der Überschwemmungen in Deutschland und anderen Ländern ist ein Unwetter, das über Europa zieht. Das Sturmtief "Anett", das international "Boris" genannt wird, hat in Polen, Tschechien, Österreich und Rumänien für starke Regenfälle und Hochwasser gesorgt. Bisher kamen dabei mehrere Menschen ums Leben.
Sonderfall Dresden: Dort beeinflusst auch die am 11. September teilweise eingestürzte Carolabrücke die Lage. Brückenteile im Fluss könnten das Wasser elbaufwärts zusätzlich um etwa 30 bis 50 Zentimeter aufstauen.
Juni 2024: Grund für die starken Regenfälle in Süddeutschland war ein Tiefdruckgebiet, das über dem Mittelmeer Feuchtigkeit aufgenommen hatte und dann Richtung Norden gezogen war. An mehreren Orten in Süddeutschland fiel so viel Regen wie nur alle 50 bis 100 Jahre.
Winter 2023/24: Für den lang anhaltenden Regen und die Überschwemmungen waren Tiefdruckgebiete verantwortlich, die vom Atlantik kamen. Das führte dazu, dass der Boden das Wasser nicht mehr aufnehmen konnte. In einigen Regionen gab es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen noch nie so viel Niederschlag wie in diesem Winter.
Welche Rolle spielt die Klimakrise bei Überschwemmungen?
Wissenschaftler haben festgestellt, dass seit den 1950er-Jahren schwere Niederschläge in den meisten Teilen der Welt häufiger und heftiger geworden sind. Das ist hauptsächlich auf die Klimaerwärmung zurückzuführen.
Das Prinzip dahinter: Je wärmer die Luft ist, desto mehr Feuchtigkeit nimmt sie auf. Bei einer Erwärmung von einem Grad sind es rund sieben Prozent mehr Wasser. Das regnet dann wieder ab.
Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 steigt die durchschnittliche Temperatur in Deutschland stetig an. 2023 war das bislang wärmste Jahr hierzulande: Die Durchschnittstemperatur lag laut DWD bei 10,6 Grad. Damit war das Jahr 2023 um 2,4 Grad wärmer als das Temperaturmittel von 1961 bis 1990.
Mehr Wasserdampf in der Atmosphäre
Hinzu kommt, dass auch die Meere wärmer werden. Dadurch verdunstet mehr Wasser, mehr Wasserdampf steigt in die Atmosphäre auf. Je mehr sich die Ozeane aufgrund des Klimawandels aufheizen, desto mehr Niederschlag wird es in Zukunft geben.
Auch Überschwemmungen an Küstengebieten, vor allem Sturmfluten, werden zunehmen. Doch das hat nichts mit der Entwicklung bei den Niederschlägen zu tun, sondern mit dem durch den Klimawandel verursachten ansteigenden Meeresspiegel.
Welche anderen Ursachen führen zu Hochwasser?
Nicht nur starker Regen ist für Überschwemmungen verantwortlich. Entscheidend ist auch der Hochwasserschutz. Ehemals gab es breite Auenlandschaften entlang der Flüsse, auf denen sich überlaufendes Wasser ausbreiten und versickern konnte. Auch Moore und Wälder wirkten wie Schwämme. Ein sich schlängelndes Flussbett bremste die Wassermassen.
Doch die Flächen wurden zunehmend versiegelt, Moore und Auen entwässert, Flüsse begradigt. Bei starken Niederschlägen hat das Wasser weniger Möglichkeiten, sich auszubreiten und im Boden zu versickern. Es läuft schneller in die Flüsse, tritt über die Ufer und sorgt eher für große Überschwemmungen.
Wird es in Zukunft mehr Hochwasser geben?
Die Klimawissenschaft ist sich einig: Mit dem voranschreitenden Klimawandel werden auch Extremwetterereignisse wie Dürren, Hitzewellen und Starkregen an den meisten Orten der Welt häufiger und intensiver auftreten. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes ist es in Deutschland insbesondere im Winter bereits deutlich feuchter als früher.
Auch das Umweltbundesamt warnt in seiner Klimawirkungs- und Risikoanalyse für Deutschland: "Durch den Klimawandel ist zu erwarten, dass höhere Spitzenabflüsse auftreten und sich das Wiederkehrintervall des derzeitigen Bemessungshochwassers verkürzt." Soll heißen: Es wird häufigeres und höher ansteigendes Hochwasser geben.
Vor allem in den Mittelgebirgen sowie in Ostdeutschland ist laut Umweltbundesamt in Zukunft mit einer Zunahme zu rechnen. Besondere Gefahr besteht für Siedlungen in einem Tal oder in der Nähe eines Bachs bzw. Flusses.
Welche Hochwasserereignisse in anderen Ländern gehen auf den Klimawandel zurück?
Inwieweit ein einzelnes Wetterextrem mit dem Klimawandel zusammenhängt, ermittelt die sogenannte Attributionsforschung. Wissenschaftler berechnen dabei, inwieweit der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit und Intensität eines extremen Wetterereignisses erhöht hat.
Die Forschenden arbeiten dafür mit Klimamodellen und vergleichen zwei Welten miteinander. In der einen existiert ein menschengemachter Klimawandel, in der anderen nicht. Rückschlüsse ziehen sie dann aus dem Vergleich.
Heftige Regenfälle in Libyen
Die britische Forschungseinrichtung "World Weather Attribution" (WWA) ist auf diesem Gebiet führend. Eine WWA-Studie ergab, dass sich die Wahrscheinlichkeit für starke Regenfälle in Libyen im September 2023 durch die Erderwärmung um das fünfzigfache erhöht hat.
In einer weiteren Studie berechneten die Wissenschaftler, dass die Überschwemmungen am Horn von Afrika 2023 durch den Klimawandel verschärft wurden. Auch bei anderen Hochwassern konnten sie zeigen, dass diese durch den Klimawandel begünstigt worden waren, etwa die extremen Überschwemmungen in Nigeria im Jahr 2022.
Die Ahrtal-Katastrophe und der Klimawandel
Nicht zuletzt war der Klimawandel auch für die Flut im Ahrtal im Juli 2021 mitverantwortlich. Extreme Regenfälle in Westeuropa führten zu Rekordüberschwemmungen, unter anderem entlang der Flüsse Ahr und Erft in Deutschland. Das Risiko eines solchen Ereignisses hat sich laut WWA aufgrund des Klimawandels um das 1,2- bis neunfache erhöht.
Doch nicht jedes extreme Wetterereignis kann direkt auf den Klimawandel zurückgeführt werden. Im Mai 2023 kam es in Norditalien in der Region Emilia-Romagna zu schweren Überschwemmungen, die als die schlimmsten seit hundert Jahren bezeichnet wurden.
Nachdem die WWA-Experten die Niederschlagsdaten seit 1960 analysiert hatten, kamen sie in einer Studie zu dem Schluss, dass die Regenfälle in der Emilia-Romagna durch den Klimawandel weder stärker noch schwächer geworden sind.
Die Überschwemmungen wurden vielmehr durch sehr ungewöhnliche Wetterbedingungen ausgelöst, die auf eine einzigartige Abfolge von drei Tiefdruckgebieten im zentralen Mittelmeer zurückzuführen waren.
Wie können wir uns vor Überschwemmungen schützen?
Es gibt zahlreiche Maßnahmen, die vor Hochwasser schützen können. Zentral ist der naturnahe Hochwasserschutz: Moore, Bäche, Feuchtwiesen und Auen müssen renaturiert und Flächen entsiegelt werden. Flüsse brauchen mehr Raum und Überschwemmungsflächen, um sich ausbreiten zu können.
Bund und Länder haben bereits 2013 das Nationale Hochwasserschutzprogramm in die Wege geleitet. Noch im Jahr 2024 soll zudem das „Naturgefahrenportal“ online abrufbar sein. Auf der Plattform des Deutschen Wetterdienstes sollen sich Bürgerinnen und Bürger über potenzielle Naturgefahren an ihrem Wohnort informieren können.
Der Klimawandel könnte Unsummen kosten
Der Katastrophenschutz muss besser ausgestattet und Frühwarnsysteme eingerichtet werden. Eine Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hat gezeigt, dass der Klimawandel Deutschland bis zum Jahr 2050 bis zu 900 Milliarden Euro kosten könnte, etwa durch Ertragsausfälle in der Landwirtschaft, aber auch durch Schäden an der Infrastruktur wegen Überschwemmungen. Die Kosten lassen sich durch Anpassung und Klimaschutz senken.
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