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Chemiker Louis Pasteur
Der Erfinder der Labor-Impfstoffe

Louis Pasteur hat mit den ersten Labor-Impfstoffen Medizingeschichte geschrieben. In Frankreich ist der weltberühmte Chemiker und Physiker, dem wir auch die "Pasteurisierung" verdanken, ein Nationalheld. Heute vor 200 Jahren wurde er geboren.

Von Irene Meichsner | 27.12.2022
Eine Statue von Louis Pasteur
Louis Pasteur hat nicht nur große Forschung betrieben, er hat Wissenschaft auch populärer gemacht (picture alliance / AP Photo / FRANCOIS MORI)
Es war der 14. November 1888, als in Paris das "Institut Pasteur" eingeweiht wurde – Frankreichs neues Zentrum zur Erforschung und Herstellung von Impfstoffen. Begleitet vom Präsidenten der französischen Republik und einem Brigadegeneral betrat Louis Pasteur, der Gründer und Direktor des Instituts, den festlich geschmückten Saal. Pasteur war ein glühender Patriot und Träger des Großkreuzes der französischen Ehrenlegion. Von schwerer Krankheit gezeichnet und von seinen Emotionen überwältigt, überließ es der 65-Jährige seinem Sohn Jean-Baptiste, seine Dankesworte zu verlesen:
„Eine wichtige Entdeckung zu machen, ihrer Veröffentlichung entgegenzufiebern und sie dennoch immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, manchmal über Jahre hinweg - das ist nicht leicht. Ist man dann seiner Sache aber endlich sicher, spürt man eine der größten Freuden, zu denen die menschliche Seele fähig ist. Zu wissen, dass man zur Ehre seines Vaterlandes beigetragen hat, lässt einen diese Freude noch tiefer empfinden.“

Haltbare Lebensmittel á la Pasteur

Für die Franzosen ist Louis Pasteur, der Sohn eines Gerbers, der am 27. Dezember 1822 in Dôle im Osten Frankreichs geboren wurde und zu einem der berühmtesten Wissenschaftler aller Zeiten avancierte, noch heute ein Held. Ihm verdanken wir unter anderem die "Pasteurisierung", derzufolge man verderbliche Lebensmittel – wie zum Beispiel Milch oder Obstsäfte – durch kurzzeitiges Erhitzen haltbar machen kann. Dem Verfahren liegt die Erkenntnis zugrunde, dass für die Zersetzungsprozesse Mikroorganismen verantwortlich sind, die durch das Erhitzen abgetötet werden. Dass solche Kleinstlebewesen allgegenwärtig sind, hatte Pasteur mit zahlreichen Experimenten bewiesen, von denen er einige auch öffentlich vorführte.
„Pasteur verstand es ausgezeichnet, glaube ich, Wissenschaft nicht nur durchzuführen, sondern sie sozusagen als Sensation auch in die Öffentlichkeit hinein zu lancieren“, sagte der Medizinhistoriker Christoph Gradmann dazu in einem Radiobeitrag.
Pasteur hatte in Paris studiert und zuerst Gymnasiallehrer werden wollen, dann aber doch eine akademische Laufbahn eingeschlagen – mit zwei Dissertationen in Physik und Chemie und ersten Professuren in Dijon, Straßburg und Lille. Seit 1867 war er Ordinarius für Chemie an der Pariser Sorbonne. Pasteur befasste sich mit der Herstellung von Bier und Wein, machte sich um die Bekämpfung einer Pilzinfektion unter Seidenraupen verdient.

Hersteller der ersten Labor-Impfstoffe

Und er stellte die ersten Labor-Impfstoffe her. Hühner, denen er den hochvirulenten Erreger der Hühnercholera injizierte, starben innerhalb von 48 Stunden. Tiere, denen er vorher einen abgeschwächten Erreger verabreicht hatte, waren gegen die Krankheit offenbar immun. „Die Hühner sind munter, fressen und glucksen; die Hähne krähen. Der Eindruck, den man angesichts dieser Tatsachen erhält, läßt sich kaum wiedergeben“, berichtete Pasteur 1880 – wobei wir inzwischen allerdings auch wissen, dass er es, wenn er sich öffentlich äußerte, mit der Wahrheit nicht immer so genau nahm.
Medizinhistoriker Christoph Gradmann: „Das beste Beispiel dafür ist der Milzbrand-Impfstoff. Pasteur führte sozusagen der Welt in einem groß angelegten öffentlichen Experiment die Wirkung dieses Impfstoffes als eines völlig sicheren und stabilen vor. Seine Labortagebücher belegen, dass der Impfstoff im Labor keineswegs so gut funktioniert hat; zum einen, wie er das der Öffentlichkeit gerne weismachen wollte; und zum anderen, dass auch das angewandte Verfahren nicht unbedingt das war, das er der Öffentlichkeit präsentiert hat. Kurz gesagt: er war weit weniger weit, als er das die Öffentlichkeit glauben machen wollte."
1885 ging die Nachricht um die Welt, dass Pasteur einem neunjährigen Jungen, der von einem tollwütigen Hund gebissen worden war, den ersten Impfstoff gegen Tollwut verabreicht hatte. Ob das Kind wirklich infiziert gewesen war oder auch ohne Impfung überlebt hätte, ließ sich im Nachhinein nicht mehr klären. Aber der Jubel war groß. Nach einem Spendenaufruf kamen über zweieinhalb Millionen Francs zusammen - das Startkapital für das "Institut Pasteur". Noch zu Pasteurs Lebzeiten – er starb 1895 bei Paris – wurde in Vietnam die erste ausländische Niederlassung gegründet. Heute gibt es weltweit über 30 Pasteur-Institute, in denen Frankreich biomedizinische Spitzenforschung betreibt.