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Wasser-Wächter im Orbit
Satellit SWOT vermisst die Gewässer der Erde

Wie viel Wasser hat die Welt? Und was davon ist Süßwasser? Klingt nach simplen Fragen, aber so genau beantworten kann sie niemand. Das soll sich ändern: Die internationale Satellitenmission SWOT vermisst Ozeane, Flüsse und Seen jetzt aus dem All.

von Guido Meyer | 16.12.2022
    Die Abbildung zeigt den SWOT-Satelliten (Surface Water and Ocean Topography) mit vollständig ausgefahrenen Solar-Arrays (Illustration).
    Der NASA-Satellit SWOT. Seine Mission: Messen, wie viel Wasser es auf der Erde wirklich gibt. (CNES / NASA)
    „Wasser ist für das Leben unentbehrlich. Wenn die NASA nach Leben auf anderen Welten sucht, ist einer der ersten Anhaltspunkte immer das mögliche Vorhandensein von Wasser.“ Cédric David ist der Chef der Abteilung für Wasser und Ökosysteme am Jet Propulsion Laboratory der US-Raumfahrtbehörde NASA. Er betont: kein Leben ohne flüssiges Wasser. Dafür ist die Erde das beste Beispiel.
    Aber tatsächlich wissen Forscher nicht einmal auf ihrem Heimatplaneten, wie viel Wasser es dort genau gibt und wie es verteilt ist. Sie schätzen, dass es insgesamt so zwischen ein und zwei Trilliarden Liter Wasser auf der Erde gibt. Fast alles davon – bis auf zwei, drei Prozent – ist Salzwasser. Grundlage dieser Zahlen sind Messungen auf der Erde.

    Das Wasser aus dem All vermessen

    „Derzeit benutzen wir Radargeräte, die wir zum Beispiel auf einer Brücke über einem Fluss befestigen. Von dort schicken sie ein Signal hinunter auf die Wasseroberfläche, von wo es reflektiert wird. Aus der Laufzeit der Signale können wir berechnen, wie hoch die Wassersäule ist", so Cédric David.
    Dasselbe Messverfahren soll nun aus dem Orbit zum Einsatz kommen, bei der Mission des Satelliten SWOT, ergänzt Chris Aceves, der Chefingenieur für die Mission beim JPL in Pasadena, Kalifornien: "SWOT vermisst all das Wasser auf der Erde, das aus dem All sichtbar ist. Wissenschaftler bekommen so erstmals Angaben über die Menge der Wasservorkommen. Und sie werden verstehen können, welchen Effekt Wetter und Klima auf die Ozeane, auf Flüsse und Seen haben.“

    Gemeinschaftsprojekt von vier Weltraumagenturen

    Das Kürzel SWOT steht für Surface Water and Ocean Topography. Der Satellit soll die Oberflächengewässer der Erde genauer als je zuvor vermessen. Die Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen, kanadischen, britischen und französischen Weltraumagenturen.
    Sie soll mehr können als die bisherigen Radarmessungen von Brücken, erklärt Cédric David vom JPL: Auf dem Satelliten befinde sich ein Radar, das seine Strahlen hinunter schickt auf die Wasseroberfläche.

    SWOT erkennt ob der Radar auf Wasser trifft

    "Es arbeitet in einem Frequenzbereich, der klar darüber Auskunft gibt, ob die Radarstrahlen auf Wasser treffen oder auf eine andere Oberfläche. Die Zeit, die zwischen dem Aussenden und dem Empfang des refklektierten Signals vergeht, wird uns verraten, wie hoch der Wasserpegel an einem bestimmten Ort ist. Kombinieren wir diese Informationen mit unseren Daten über die Breite eines Flusses und sein Strömungsverhalten, können wir ganz gut abschätzen, wie schnell und wie viel Wasser dort fließt.“

    Radarmessungen bei Tag und Nacht

    Und weil es eben Radarstrahlen sind, die SWOT hinunter auf die Erde sendet, der Satellit also keine optischen Aufnahmen macht, sind seinen Messungen keine Grenzen gesetzt. Cedric David: „Etwa 70 Prozent der Erde sind mit Wolken bedeckt. Und die Hälfte des Planeten liegt im Dunkeln. Doch Radarstrahlen scheren sich nicht darum, ob gerade Tag oder Nacht ist oder Wolken die Sicht versperren. Sie gehen einfach hindurch und können jederzeit das gewünschte Gebiet vermessen.“

    Alle 21 Tage ein Bild der Welt

    Sobald SWOT seine endgültige Position im All erreicht hat, wird der Satellit in rund 850 Kilometer Höhe die Erde umkreisen. „Das Gebiet, das der Satellit aus dem All beobachten wird, macht fast 100 % der Erdoberfläche aus. Alle 21 Tage werden wir ein Gesamtbild aller Wasservorkommen erhalten, und das mindestens drei Jahre lang – und hoffentlich noch einige mehr.“
    Während dieser drei Jahre wollen die Forscher auch auf mögliche Veränderungen in den Messergebnissen achten, ob also Wassermengen irgendwo ab- oder zugenommen haben, ob Seen ausgetrocknet sind oder wie sich Küstenlandschaften verändert haben. Das alles soll der Blick aus dem All protokollieren.