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Schutz vor Corona
STIKO: Impfung für Babys und Kleinkinder unter Bedingungen

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Corona-Impfung auch für Babys und Kleinkinder. Allerdings nur, wenn sie an bestimmten Vorerkrankungen leiden. Welche sind das und wie sinnvoll sind Impfungen für die Kleinsten?

Von Volkart Wildermuth | 04.11.2022
Ein sechs Monate alter Junge wird in Orlando, Florida, geimpft
Ein sechs Monate alter Junge wird in Orlando, Florida, geimpft. Bald soll das auch in Deutschland möglich sein (picture alliance / ZUMAPRESS.com / Paul Hennessy)
Seit gut zwei Wochen ist die Corona-Impfung in Europa auch für Babys und für Kleinkinder grundsätzlich zugelassen. Am 4.11.2022 berichtet die Funke Mediengruppe über einen Entschlussentwurf der Ständigen Impfkommission, der ihr vorliegt. Dieser Entwurf befindet sich demnach im sogenannten Stellungnahmeverfahren, bei dem unter anderem die Gesundheitsministerien der Länder noch fachliche Einwände machen können. Danach empfiehlt auch die STIKO die Impfung, aber nicht für alle Babys und Kleinkinder.

Welche Kinder sollten die Eltern jetzt gegen Corona impfen lassen?

Bislang gab es ja eine Empfehlung, Kinder ab fünf Jahren mindestens mit einer Dosis gegen Corona zu impfen. Jetzt geht es um die noch Kleineren und da müssen drei Elemente abgewogen werden.
Erstens das Risiko: Nach einer Impfung von Babys oder Kleinkindern tut der Arm oft weh, es kann Fieber geben, die Kinder werden vielleicht reizbar oder schläfrig, im Grunde ähnlich wie bei anderen Impfungen. Die USA impfen schon seit Juni in dieser Altersgruppe, dort sind keine seltenen schweren Nebenwirkungen aufgefallen.
Zweitens geht es um die Schutzwirkung. Die ist schwer zu beurteilen. BioNTech/Pfizer sagt, die Impfung würde 70 Prozent der Infektionen mit Symptomen verhindern. Aber das beruht auf nur 34 Coronafällen in den Studien. Für die Zulassung war entscheidend, dass Babys und Kleinkinder nach der Impfung mit der niedrigen Dosis ähnliche Mengen an Antikörpern bilden wie ältere Kinder oder Erwachsene.
Drittens geht es darum, wovor die Impfung eigentlich schützen soll. Kleine Kinder stecken eine Coronainfektion häufig gut weg. Babys können auf die Intensivstation kommen, wenn ihre engen Atemwege zuschwellen. Aber sie erholen sich meist schnell. Ein weiteres Problem ist PIMS, also eine Überaktivierung des Immunsystems, die viele Organe angreifen kann. Aber PIMS ist in der Omikron-Welle kaum noch aufgetreten. Deshalb sagt die STIKO, gesunde Kinder unter fünf brauchen derzeit keine Coronaimpfung.
Anders sieht es aus, wenn die Kleinkinder bestimmte Vorerkrankungen haben. Für die die empfiehlt die STIKO laut dem Entwurf Impfungen.

Bei welchen Vorerkankungen empfielt die STIKO eine Corona-Impfung bei Kleinkindern?

Kinder mit einer Immunschwäche haben Viren kaum etwas entgegenzusetzen, die sollten durch die Impfung geschützt werden. Genauso wie Kinder mit Herzfehlern oder Problemen an Lunge oder Niere. Da besteht die Gefahr, dass die Organe durch Corona weiter geschädigt werden. Auch eine Tumorerkrankung ist ein Grund für eine Impfung genauso wie eine Trisomie 21. Letztere ist ein Risiko für einen schweren Verlauf.
Auch Babys und Kleinkinder mit einer Adipositas, also mit erheblichem Übergewicht, würden von der Impfung profitieren, das wäre wahrscheinlich die größte Gruppe. Zusätzlich sagt die STIKO, wenn ein Kind in engem Kontakt mit Personen lebt, die ihrerseits ein hohes Coronarisiko haben, dann kann das nach individueller Beratung auch ein Impfgrund sein.

Wie sehen Impfempfehlungen für Kinder und Kleinkinder in anderen Ländern aus?

Es gibt Länder wie Schweden, Dänemark, die Schweiz, Großbritannien, die empfehlen Kindern unter zwölf gar keine Impfung, also auch keinen Babys oder Kleinkindern. Der Nutzen sei einfach nicht groß genug. Ganz anders die USA: Dort raten die CDC zur Impfung für alle Babys und Kleinkinder, die Weltgesundheitsorganisation sieht das ähnlich.
Ihr Argument lautet, das Risiko durch Nebenwirkungen der Impfung sei vernachlässigbar. Und was den Nutzen betrifft, so würde der in der Größenordnung von anderen Kinderimpfungen liegen, zum Beispiel Hirnhautentzündungen oder Haemophylis influenzae Typ b, kurz Hib. In Deutschland gibt es unterschiedliche Stimmen.
Einige Kinderärzte meinen, das Risiko ist in dieser Altersgruppe so gering, dass eine Impfung nicht lohnt. Andere verweisen darauf, dass schwere Verläufe zwar selten sind, aber für die wenigen, die es trifft, ist ein Krankenhausaufenthalt belastend und zwar für Kinder wie Eltern. Von daher ist die STIKO-Empfehlung, wenn sie in dieser Form verabschiedet wird, international und auch national ungefähr der Mittelweg.

Welche Imfpstoffe kommen für Kleinkinder in Frage?

Sowohl BioNTech/Pfizer als auch Moderna haben in Europa die Zulassung für einen niedriger dosierten Impfstoff für Babys und Kleinkinder. Die sind in der Anwendung unterschiedlich. Bei Moderna reichen zwei Dosen im Abstand von vier Wochen. Bei BioNTech/Pfizer ist eine dritte Dosis nach weiteren acht Wochen notwendig.
Laut Medienberichten empfiehlt die STIKO trotzdem diesen Impfstoff, weil es bei Moderna noch Fragezeichen bei Entzündungen am Herzen gebe. Das ist überraschend, denn solche Entzündungen werden eigentlich erst ab der Pubertät zum Problem. Warum die STIKO noch Zweifel hat, ist unklar.
Bislang ist ja nur der Entwurf der Empfehlung durchgesickert, die wissenschaftliche Begründung ist noch nicht öffentlich. Die Argumente lassen sich also nicht im Detail nachvollziehen. In jedem Fall setzen sowohl die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer wie auch von Moderna auf das Wildtyp-Spike-Protein. Das ist aber kein Problem, auch für Ältere sind die Omikron-Impfstoffe nicht für die ersten Dosen, sondern nur als Booster zugelassen.