Donnerstag, 25. April 2024

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DART trifft auf Dimorphos
NASA-Sonde erprobt Asteroidenabwehr

Es ist der Stoff aus Katastrophenfilmen: Ein Felsbrocken im Weltraum rast auf die Erde zu und droht die Menschheit auszulöschen. Sollte dies tatsächlich einmal passieren, gilt es zu handeln. Wie, das erprobt die NASA jetzt mit der Raumsonde DART bei ihrem ersten Asteroiden-Abwehrtest im All.

Von Karl Urban | 26.09.2022
Die NASA-Sonde Dart im Anflug auf Dimorphos, den 170 Meter großen Begleiter des knapp 800 Meter großen Asteroiden Didymos. Sie soll ihn mit fast 22.000 Kilometern pro Stunde treffen (Animation)
Die NASA-Sonde Dart im Anflug auf Dimorphos, den 170 Meter großen Begleiter des knapp 800 Meter großen Asteroiden Didymos. (Animation) (NASA / Johns Hopkins APL)
"Asteroideneinschläge hatten schon häufiger tiefgehende Folgen für die Erde, sie haben Ökosysteme verändert und zum Aussterben von Arten geführt. Die Dinosaurier hatten kein Weltraumprogramm, um zu wissen, was auf sie zukommt. Aber wir haben eines." - Es sind markige Worte der Chefwissenschaftlerin der NASA, Kathrine Calvin.
Und sie sind gerechtfertigt. Denn die US-Raumfahrtbehörde erprobt den Ernstfall: In der Nacht auf Dienstag um 1:47 Uhr deutscher Zeit soll die Raumsonde DART auf dem Asteroiden Dimorphos einschlagen. Eigentlich ein 160 Meter großer Asteroidenmond, der um den deutlich größeren Asteroiden Didymos kreist.
Keiner von beiden läuft Gefahr, auf die Erde zu stürzen, weder vor, noch nach dem anvisierten Zusammenstoß mit der Raumsonde. Doch gerade das macht sie zu einem idealen Ziel für den sogenannten Doppel-Asteroiden-Ablenk-Test. Denn es ist nicht sicher, was bei dem Aufprall der 570 Kilogramm schweren Sonde auf dem zwei Millionen mal schwereren Asteroiden passieren wird.
Das Ziel zu treffen, wird für DART nicht einfach
Adriano Campo Bagatin von der Universität Alicante: "Wir kennen nicht den Aufprallwinkel. Wir wissen nicht, wie steil die Region ist, in der der Aufprall stattfinden wird. Dies kann Auswirkungen auf das Ergebnis des Einschlags haben. Wir wissen nicht, wie der Boden des Asteroiden beschaffen ist. Wir wissen nicht, ob wir auf einen Felsbrocken treffen oder nicht. Das kann das Ergebnis wieder verändern. Wir wissen nicht, was sich unter der Oberfläche befindet."
Ziel der Mission: Die Umlaufzeit von Dimorphos um Didymos zu verändern, weil sich das mit Teleskopen von der Erde aus gut nachprüfen lässt. Allerdings wird es nicht einfach, den Asteroidenmond Dimorphos zu treffen. Denn er ist extrem klein, sagt die Chefingenieurin der Mission Elena Adams von der Johns Hopkins University: „Momentan sieht die Kamera an Bord nur Didymos, den größeren Asteroiden. Unser Ziel Dimorphos werden wir wirklich erst eine Stunde vor dem Einschlag sehen.“
Die Falcon-9 mit der DART-Sonde startet von der Vandenberg Space Force Base am 24. November 2021
November 2021 - die DART-Sonde startet per Rakete ins All. (imago/ZUMA Wire/Bill Ingalls/NASA)
Wenn DART zerschellt, beginnt die Forschung
Keine guten Voraussetzungen um eine Sonde zu kontrollieren, von der jedes Signal über eine halbe Minute zur Erde braucht. Deshalb übernimmt schon vier Stunden vor dem Einschlag das sogenannte SmartNav-System an Bord: Die Sonde macht in kurzer Folge Fotos ihres Zieles und passt auf Basis der Messungen selbstständig ihren Kurs an. Für die Ingenieure ist diese autonome Steuerung allerdings so riskant, dass sie sie kürzlich am fernen Jupiter und einem seiner Monde ausprobiert haben.
Elana Adams: „Wir auf der Erde werden in diesem Moment nur dabei zuschauen, wie DART plötzlich nicht mehr auf Didymos zufliegt, sondern den kleineren Asteroiden anvisiert, das eigentliche Ziel.“ Vor dem Einschlag wird DART in rascher Folge Bilder des immer näher kommenden Asteroiden übertragen.
Jubel wird es im Kontrollraum wohl erst am 27. September 2022 um 1:47 Uhr deutscher Zeit geben, wenn das Signal hoffentlich abrupt abbricht weil die Sonde zerschellt ist. „Unser letztes Bild dürfte zwei bis zweieinhalb Sekunden vor dem Einschlag übertragen werden. Dann wird das gesamte Sichtfeld der Draco-Kamera komplett vom wunderschönen Dimorphos gefüllt sein.“

Erst 2026 genauere Ergebnisse

Das Ende der Raumsonde DART markiert den Anfang der Forschung: Den Lichtblitz und die Staubwolke des Einschlags werden Teleskope auf allen Kontinenten, aber auch das Hubble- und das James-Webb-Teleskop im Orbit sowie ein italienischer Kleinsatellit beobachten, den DART schon vor zwei Wochen ausgesetzt hat.
Herauszufinden, wie stark die Bahn von Dimorphos um Didymos sich wirklich verändert haben wird, ist dann die Arbeit der Astronomen für die kommenden Monate. Zuletzt wird sogar eine weitere Raumsonde, die ESA-Mission Hera, ab Ende 2026 bei Dimorphos eintreffen und den entstandenen Krater genauer in Augenschein nehmen.