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Steuern, Märkte, Sondertöpfe
Wie sich die Bundesländer finanzieren

Ob Hilfspakete in der Corona- oder Energiekrise - immer geht es auch um die Frage: Welche Kosten trägt der Bund, welche die Länder? Bei der Steuergestaltung ist der Spielraum der Länder klein, um so wichtiger sind für sie andere Finanzinstrumente.

Von Caspar Dohmen | 19.12.2022
Die Fahnen der 16 deutschen Bundesländer wehen am Tag der Deutschen Einheit bei Kestert im Rhein-Lahn-Kreis in Rheinland-Pfalz.
Die Finanzlage der 16 deutschen Bundesländer unterscheidet sich zum Teil deutlich (imago / Winfried Rothermel )
„Meine sehr geehrten Damen und Herren“, Mitte September im Landtag des Saarlands. Jakob von Weizsäcker, Finanz- und Wissenschaftsminister der SPD-Regierung, wirbt für einen Nachtragshaushalt in Höhe von drei Milliarden Euro: „Die Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse ist eine Frage der politischen Einschätzung.“
Die Notlage reklamiert das Saarland für sich, weil es wie kein anderes Land von der Transformation der Automobilindustrie und Metallverarbeitung betroffen ist. Um nicht in eine wirtschaftliche Abwärtsspirale zu geraten, benötige das Land einen kreditfinanzierten Fonds für den Strukturwandel. Das Bundesland Bremen wiederum will trotz Schuldenbremse mit Milliardenkrediten Klimaschutzziele erreichen und die Energiekrise abmildern. Nordrhein-Westfalen schafft ein Sondervermögen zur Krisenbewältigung und will bis zu fünf Milliarden Euro neue Schulden machen. Aber wer angesichts solcher Beschlüsse glaubt, die Bundesländer wären gerade klamm, täuscht sich - im Gegenteil.

Bundesbank: Länder stehen finanziell im Vergleich zum Bund gut da

Volkswirtin Coletta Frenzel Baudisch von der Deutschen Bundesbank: „Also in den vergangenen Jahren ging es hoch und runter bei den Länderfinanzen und schlussendlich ist es heute aber so, dass die Länder, insbesondere im Gegensatz zum Bund, gut dastehen.“ Gab es 2020 noch ein Defizit von 32 Milliarden Euro, kamen die Länder 2021 auf ein Plus von fünf Milliarden Euro, gut 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für das laufende Jahr sieht es noch besser aus, rechnet die Bundesbank vor: „Im laufenden Jahr 2022 haben wir jetzt Daten bis Ende Oktober vorliegen für die Kernhaushalte, da war der Überschuss bei 20 Milliarden Euro.“
Die Extrahaushalte der Länder und die Gemeinden fehlten bei der Berechnung noch, erklärt die Volkswirtin, und das Jahr sei noch nicht vorbei. Trotzdem werde in den Länderkassen Geld übrigbleiben. „Die Länder werden sicherlich sehr positiv auch im laufenden Jahr abschließen.“ Jedenfalls in Summe betrachtet, einzelne Länder stehen stark da, andere sind weiter im Minus. Dazu gleich mehr.

Große Unterschiede zwischen den Bundesländern

Dass die Bundesländer insgesamt, aus Sicht der Bundesbank, gut dastehen, hat vor allem zwei Gründe: Der Bund hat den Großteil der Pandemie-Kosten und der Kosten der Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges geschultert. Außerdem stiegen mit der Inflation auch die Steuereinnahmen des Staates. Die Ökonomin und Steuerfachfrau Beate Jochimsen von der Fachhochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin: „Der Staat profitiert bei den Steuereinnahmen erst Mal von der Inflation, weil er mehr Geld einnimmt, ohne, dass er die Steuern erhöhen muss.“ 
Allerdings unterscheidet sich die Finanzlage der 16 Bundesländer deutlich: Nur die Hälfte schloss 2021 mit einem Überschuss ab. Den höchsten Überschuss erzielte dabei mit beachtlichen 710 Euro pro Einwohner Rheinland-Pfalz. Weil der Impfstoffhersteller Biontech dort sitzt und kräftig Steuern zahlte, hat sich das Aufkommen der Körperschaftsteuer des Landes 2021 gegenüber den Vorjahren mehr als verdoppelt. Das höchste Defizit pro Kopf verzeichnete am anderen Ende der Skala das Bundesland Berlin mit einem Minus von 570 Euro pro Kopf.

Zentralistische Finanzverfassung schränkt Bundesländer ein

Woher aber kommt das Geld, das in die Länderkassen fließt? Gebühren spielen als Einnahmequelle praktisch keine Rolle. „Länder finanzieren sich zum großen Teil aus Steuereinnahmen und die beiden größten Steuern sind die Einkommensteuer, inklusive der Lohnsteuer und die Umsatzsteuer.“ Und wie frei sind die Länder bei der Gestaltung ihrer Steuern? „Das ist ganz überraschend. Die Länder sind nämlich überhaupt nicht frei, die Länder haben so gut wie keine Steuerkompetenz, was Steuern anbelangt, deren Aufkommen ihnen auch danach zusteht.“
„Die Steuerverfassung in Deutschland ist relativ stark beim Bund zentralisiert", erklärt der Ökonom und Steuerexperte Stefan Bach vom Deutschen Institut der Wirtschaft in Berlin. „Dort haben wir die großen Steuern als Gemeinschaftssteuern, also Lohnsteuer, Einkommensteuer, Körperschaftssteuer und Umsatzsteuer. Da haben die Länder Anteile an den Einnahmen. Daneben gibt es noch die Ländersteuern, etwa die Erbschaftssteuer, auch die ist bundesgesetzlich vorgegeben, nur bei der Grunderwerbssteuer, dort haben die Länder die Möglichkeit eigene Steuersätze festzulegen. Allerdings ist das nur eine relative kleine Einnahmequelle.“
Selbst die Grunderwerbssteuer dürfen die Länder nur vom Steuersatz her variieren und nicht abschaffen. Bestimmt also eigentlich der Bund über die Steuereinnahmen der Länder? „So kann man das sagen. Allerdings muss man berücksichtigen, dass die Steuergesetze, zum Beispiel Einkommensteuer, Umsatzsteuer, die der Bund bestimmt, in einem großen Umfang zustimmungspflichtig im Bundesrat sind, so dass die Länder eine Mitwirkungsmöglichkeit haben.“
Trotz dieser Mitwirkungsmöglichkeit in der Länderkammer gilt: Das föderale Deutschland hat eine recht zentralistische Finanzverfassung. In anderen Staaten geht es da schon föderaler zu. Dort haben die Gebietskörperschaften wesentlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten: „Schauen wir in die Schweiz, dort hat jeder Kanton eine völlige Autonomie bei der Gestaltung des Steuersystems. So, dass die dann eigene Einkommensteuern, Vermögenssteuern, Grundsteuern haben, die sich im Einzelnen sehr stark unterscheiden können. Und auch in den USA haben wir eine ähnliche Situation bei den Bundesstaaten.“

Länderfinanzausgleich als zentraler Mechanismus

Nach dem Willen der Mütter und Väter des Grundgesetzes soll der Staat für annähernd gleiche Lebensverhältnisse in Deutschland sorgen. In Artikel 107 Absatz 2 Grundgesetz heißt es: „Durch das Gesetz ist sicherzustellen, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (..) zu berücksichtigen.“ Als zentraler Mechanismus dafür dient der sogenannte Länderfinanzausgleich. Nach einer jahrelangen Debatte hat der Gesetzgeber diesen Mechanismus reformiert. Seit 2020 greift ein neues mehrstufiges Verfahren.
Ökonomin Beate Jochimsen: „Es wird erst geschaut, wie viel Steuerkraft, man nennt das Finanzkraft, bei den Ländern pro Kopf vorhanden ist, indem man vor allen Dingen sich die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer anschaut und dann schaut man, wer pro Kopf über dem Durchschnitt und wer unter dem Durchschnitt liegt. Das ist das Erste, was man macht. Anschließend gibt es einen Ausgleich: Es gibt Zu- und Abschläge, bei denen sich die Länder dem Durchschnitt der Finanzkraft pro Kopf mehr annähern.“
Den größten Abschlag verzeichnete 2021 Bayern. Es musste erst einmal neun Milliarden Euro abgeben. Den größten Zuschlag bekam das Land Berlin mit 3,6 Milliarden Euro. Danach erfolgt eine zweite Berechnung. „Dann kommt der Bund ins Spiel. Der Bund hat mehrere Stufen, bei denen er den Ländern, die dann noch bedürftig sind, also die dann noch unter dem Durchschnitt in ihrer Finanzkraft liegen, Zuweisungen gibt. Erst mal allgemeine Zuweisungen, dann noch Zuweisungen für strukturelle Arbeitslosigkeit beispielsweise, für die Kosten politischer Führung, die überdurchschnittlich sind, wenn es eine besonders geringe kommunale Steuerkraft gibt oder anderes.“

Finanzausgleich dämpft Anreiz für mehr Steuereinnahmen

Allerdings hat die Regelung im Länderfinanzausgleich einen gewaltigen Nachteil. Es gibt wenig Anreiz für ein Land, mehr Steuern einzunehmen, egal, ob es finanzstark oder finanzschwach ist: „Ja, das ist aus volkswirtschaftlicher Sicht ganz kritisch zu betrachten. Wenn nämlich ein relativ armes Bundesland mehr Steuern einnimmt, sagen wir mal 1.000 Euro mehr Steuern einnimmt, ist es ein bisschen weniger arm als vorher und entsprechend braucht es auch ein bisschen weniger Zuschläge als vorher. Das heißt, es nimmt 1.000 Euro Steuern mehr ein, aber erhält 900, 950 Euro weniger Zuweisungen, man nennt das eine Abschöpfungsquote.“
Und weil auch höhere Einnahmen bei finanzstarken Ländern abgeschöpft werden, gibt es auch dort wenig Anreiz, die eigenen Besteuerungsmöglichkeiten auszuschöpfen. „Beides führt dazu, dass weder die reichen noch die armen Länder originäres Interesse haben, mehr Steuern zu erheben.“ Aus Gründen der Gerechtigkeit und einer Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen ist es aber wichtig, dass die Länder ihre vorhandenen Steuereinnahmemöglichkeiten ausschöpfen. Dazu gehört beispielsweise, genügend Steuerprüfer einzusetzen, damit alle Bürger und Unternehmen ihre Steuern auch zahlen. Steigen auf diese Weise die Einnahmen, dann kann der Staat unter Umständen die Steuersätze senken. Auch vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht der Ökonomen problematisch, dass der Finanzausgleich den Anreiz zu mehr Steuereinnahmen dämpft.

Kredite als weitere wichtige Finanzquelle

Aber die Bundesländer finanzieren sich nicht nur durch Steuereinnahmen. Eine weitere, traditionell wichtige Finanzquelle sind Kredite. Seit die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert ist, wurde diese Möglichkeit der Bundesländer jedoch stark eingeschränkt. Seit 2020 sollen die Länder vorhandene Schulden abbauen. Das Ziel ist ein ausgeglichener Haushalt. Allerdings dürfen sie neue Anleihen ausgeben, wenn bisherige Anleihen auslaufen, um vorhandene Schulden zu finanzieren. Für neue Aufgaben dürfen die Länder eigentlich keine Schulden aufnehmen.
Ökonom Stefan Bach: „Das ist natürlich eine relativ restriktive Vorgabe und angesichts ihrer begrenzten Potenziale auf der Einnahmenseite bleibt dann grundsätzlich nur die Möglichkeit auf der Ausgabenseite sich anzupassen, beziehungsweise eben die Schuldengrenze kreativ zu gestalten, in dem man eben über Sonderhaushalte, Sonderfonds die Möglichkeit sucht, Ausgabenprogramme zu finanzieren, wie das ja jetzt gerade in der Krisensituation weidlich genutzt worden ist.“
Die Bundesländer haben vor der Schaffung der Schuldenbremse in unterschiedlichem Ausmaß Anleihen ausgegeben, um sich auf dem Kapitalmarkt zu finanzieren. Kapitalmarktanalyst Norman Rudschuck von der NordLB: „Es gibt Bundesländer, die fast gar nicht am Markt aktiv waren. Das sind zum Beispiel Bayern oder Sachsen vor Corona. NRW, Baden-Württemberg, Niedersachsen, die waren deutlich häufiger zu sehen. Während Corona waren dann plötzlich alle zu sehen, mit Nachtragshaushalten, aber auch mit Corona-Hilfsmaßnahmen oder Sonderfonds.“

Schuldenfinanzierte Extrahaushalte werden künftig teurer

Denn in Krisen und Notlagen können die Bundesländer die Schuldenbremse aussetzen und sich Kapital besorgen, um beispielsweise die regionale Wirtschaft zu stützen. Davon machten die Länder zuletzt reichlich Gebrauch: „Das war vor Corona ungefähr 70 Milliarden, verdoppelte sich dann mehr als in 2020, ging leicht zurück in 2021.“ Schuldenmachen und niedrige Zinsen - das war auch für die meisten Bundesländer eine recht komfortable Lage, wie der Blick in die Statistiken zeigt. Die Durchschnittsverzinsung, die die Länder leisten mussten, sank von 2007 bis 2021 um knapp zwei Drittel auf 1,5 Prozent.
Bundesbankvolkswirtin Coletta Frenzel Baudisch: „Damit machten dann die Zinsausgaben 2021 nur noch zwei Prozent der Gesamtausgaben der Länder aus. Das heißt natürlich dann, dass auch unterschiedliche Schuldenstände nicht mehr ganz so stark ins Gewicht gefallen sind. Jetzt steigen die Zinssätze wieder.“ Der sogenannte Schuldendienst der Bundesländer hielt sich also lange im Rahmen und das Schuldenmachen wurde bis 2020 leichtgemacht. Aber seitdem greift die Schuldenbremse und verbaut den Ländern in normalen Zeiten diese Möglichkeit.
Und wenn die Länder sonderbedingte schuldenfinanzierte Extrahaushalte aufbauen, wird es künftig für sie teurer. Denn auf die Rückkehr der hohen Inflation hat die Europäische Zentralbank mit deutlichen Zinserhöhungen reagiert. „Das gesamte Zinsniveau hebt sich gerade an, so dass natürlich auch die Bundesländer deutlich tiefer in die Taschen greifen müssen. Und hundert Jahre NRW zu 0,95 Prozent Coupon sind auf Jahre nicht mehr zu erhalten.“

Zwischen Schuldenbremse und Kriseninstrumenten

Wer aber sind die Akteure am Kapitalmarkt, die sich für Schuldenpapiere, also Anleihen der Bundesländer interessieren? Trifft die These der Ministerpräsidenten zu, dass es dem Bund leichter falle, sich am Kapitalmarkt mit Geld zu versorgen, als den Ländern? Es sind vor allem hiesige Anleger wie Versicherungen und Pensionskassen, die zugreifen, sagt Kapitalmarktanalyst Rudschuck: „Rund zwei Drittel der Investoren oder teilweise sogar mehr bei einzelnen Bonds kommen aus Deutschland und sind dennoch international sehr, sehr beliebt.“ Begehrt seien die Länderanleihen als Ersatzprodukt zu Bundesanleihen. Die sind wegen ihrer guten Bonität bei Anlegern gefragt, aber nur begrenzt vorhanden. Deswegen greifen Anleger auch zu den Länderanleihen, für die im Endeffekt auch der deutsche Gesamtstaat haftet.
Auf der einen Seite begrenzt also die Schuldenbremse das Agieren der Bundesländer an den Kapitalmärkten, auf der anderen Seite verbesserte sich die Haushaltslage unter dem Strich durch Kriseninstrumente des Bundes und die Schaffung von Sondertöpfen und Sondervermögen. Und dennoch: Die Länder griffen 2021 auf Notlagenkredite in Höhe von 18 Milliarden Euro zurück. Nur ein kleiner Teil dieser Summe wurde aber, so die Bundesbank, zum Schließen von Finanzierungslücken in den Kern- oder Ersatzhaushalten genutzt. Vielmehr legten die Bundesländer Geld auf die hohe Kante.
Der Ökonom Stefan Bach: „Die Schuldenbremse wird jetzt insofern umgangen, als dass in den Krisenzeiten große Kreditermächtigungen und Sondervermögen angelegt worden sind, die dann auch künftig genutzt werden sollen.“ Die Länder stockten also ihre Reserven auf. Ende 2021 betrugen diese mehr als 110 Milliarden Euro, allerdings wurden davon fast 50 Milliarden Euro für künftige Pensionen von Beamtinnen und Beamten zurückgelegt. Keine Verfügungsmasse also im laufenden Haushalt. Einige Länder wiederum wollen mit den Reserven noch mehrere Jahre lang Deckungslücken in ihren Haushalten schließen, schreibt die Bundesbank, und fügt mit kritischem Unterton hinzu: „Soweit die dafür eingesetzten Reserven aber faktisch aus Pandemie-Notlagenkrediten gebildet wurden, erscheint ein solches Vorgehen fragwürdig“.
Solche Sondertöpfe sind also ein zentrales Element in der Finanzpolitik der Länder. Und es gab sie auch - etwa für den Hochschulbereich oder Bauinvestitionen - schon vor der Pandemie mit ihren zahlreichen Sonderpaketen. Aber die Bildung von Sondertöpfen ist aus Sicht der Währungshüter nur dann unkritisch, wenn die Mittel für die jeweilige Aufgabe auch tatsächlich genutzt werden. Und es gibt einen wichtigen Unterschied bei der Machart der Sondertöpfe. Als unproblematisch gelten Sondertöpfe, bei denen das Geld aus dem Landeshaushalt bereitgestellt wird. Schwieriger ist es bei Sondertöpfen, die durch Schulden gefüllt werden, die nicht durch den Haushalt fließen.

Bundesbank wünscht sich mehr Transparenz bei Länderfinanzen

Denn so entstehen Schulden, die nicht im Haushalt ausgewiesen werden. Nur, dass sie dann eben nicht Schulden, sondern „Sondervermögen“ heißen. Allerdings hat diese Kreativität, wenn man so will, auch einen Vorteil, der allerdings die Währungshüter, die kritisch auf die Schuldenstände eines Landes schauen, nicht gerade beschwichtigt. Jedenfalls im nationalen Rahmen betrachtet: „Die Schulden des Sondervermögens zählen nicht mit zur Schuldenbremse. Allerdings, vielleicht zur Beruhigung, sie zählen mit bei den europäischen Schuldenkriterien. Da wird nämlich der aggregierte Gesamthaushalt genommen und auch die Sozialversicherungen zählen dazu und da zählen auch Schulden von Sondervermögen dazu.“
Und dennoch: Es kann gute Gründe für Länder geben, Sondertöpfe aufzulegen, beispielsweise um an die Fördermittel von EU und Bund zu gelangen, um die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft in einer Region voranzubringen. Aber für staatliche und suprastaatliche Förderungen gibt es wiederum eine Hürde. Regionen oder Gemeinden müssen für Förderprogramme häufig einen Eigenanteil aufbringen. Und manchen Regionen und Gemeinden fehlen dafür schlicht die Mittel. Dazu zählt das Saarland nach eigener Auffassung.  Der Landesminister für Finanzen und Wissenschaft Jakob von Weizsäcker: „30 Prozent, 30 Prozent von sehr hohen Beträgen ist schon etwas, wo sich die Frage stellt: Wie würde man das eigentlich aus dem Landeshaushalt machen?“ Lösen will das Land dieses Problem mit einem milliardenschweren Sondertopf.
Um überhaupt klar zu sehen, wie es um die Finanzen der Bundesländer in Deutschland steht, wäre es aus Sicht der Bundesbank hilfreich, wenn es mehr Transparenz gäbe – auch, um die politische Debatte eindeutiger führen zu können. Die Volkswirtin Coletta Frenzel Baudisch formuliert es aus Sicht der deutschen Währungshüter so: „Also in der Tat ist es so, die Finanzlage der Länder ist für uns intransparent. Wir beobachten die Staatsfinanzen ja engmaschig und erstellen auch Prognosen, aber auch uns fällt es zunehmend schwer, den Überblick zu wahren, und dafür gibt es wohl verschiedene Gründe ... Wenn diese Transparenz zunehmend verloren geht, dann ist auch die Kontrolle durch die Öffentlichkeit und die Presse erschwert.“