Das Abendessen ist vorbei, Francoise Vierset und ihre Kinder, der 18-jährige Thomas und die 16-jährige Laura, wollen wissen, wie es jetzt weitergeht in Belgien. Am Nachmittag hat die Brüsseler Familie erfahren, dass in ihrem Land mal wieder Regierungskrise ist. Nicht schon wieder - seufzt Francoise leise. Während die Kinder noch schnell die Spülmaschine einräumen. Da läuft schon die Erkennungsmelodie der Abendnachrichten des französischsprachigen belgischen Fernsehens.
Doch dann erscheint auf dem Schirm nicht das gewohnte Gesicht der Abendmoderatorin, sondern der Plenarsaal des belgischen Abgeordnetenhauses, Menschen, die laut den Vlaamse Leeuw singen, die nationalistische flämische Hymne und die dazugehörigen gelben Fahnen mit dem Schwarzen Löwen schwenken. Es dauert eine Schrecksekunde, bis die Viersets erkennen, dass dies keine flämischen Abgeordneten sind, sondern Anhänger des Vlaams Belang, die für die Teilung Belgiens eintreten.
Trotzdem ein Schock: Das erste Mal, dass sie das im belgischen Parlament singen, Francoise und ihr Sohn sind fassungslos. Auch die Moderatorin der Abendsendung, die nun auf dem Bildschirm erscheint, ist empört: das Lied der Nationalisten in einer föderalen Institution und das mitten in der politischen Krise.
Niemand wusste nachher, wie die Anhänger des Vlaams Belang es bis in den Plenarsaal geschafft hatten, niemand hinderte sie daran, ihr Kampflied zu Ende zu singen. Es war eine Dosis Gift mehr für das ohnehin vergiftete politische Klima in Belgien.
Als Regierungschef Yves Leterme am Mittag bei König Albert sein Rücktrittsgesuch einreichte, war das sein fünftes Mal in drei Jahren. Noch im November hatte Leterme versprochen, den ewigen Spaltpilz, den Streit um die Rechte von Flamen und Frankofonen vor allem in den gemeinden rund um Brüssel aus dem Weg zu räumen.
Doch einmal mehr zerbrach eine Regierungskoalition an der Teilung des letzten gemischsprachigen Wahl- und Gerichtskreises Belgiens Brüssel-Halle-Vilvoorde. Die frankofonen Parteien wollten Nachbesserungen an einem Kompromissvorschlag von Altpremier Dehaene, die flämischen Liberalen waren dazu nicht mehr bereit und verließen die Regierung. Francoise Vierset kann es immer noch nicht glauben.
"Als Thomas mir sagte, dass der Regierungschef seinen Rücktritt einreicht, habe ich gesagt, das kann doch nicht wahr sein. Natürlich haben wir Gerüchte, Sorgen mitbekommen. Aber ich dachte nicht, dass das so schnell geht. Dehaene präsentiert seinen Kompromiss, dann heißt es, so geht's nicht - und plötzlich bricht alles auseinander."
Zusammengekauert auf dem Sofa verfolgt Tochter Laura die Nachrichtensendung. Die 16-Jährige spricht wie ihre Mutter und ihr Bruder flämisch. Seit einem Jahr hat sie über eine Austauschorganisation eine Freundin im flämischen Kortrijk gefunden. Die beiden treffen sich regelmäßig. Laura hält diese Regierungskrise für völlig überflüssig.
"Ich glaube, es gibt schon eine Lösung, wenn alle bereit sind zu einem Kompromiss und nicht auf ihren Maximalforderungen bestehen."
Im Fernsehen erwähnt die Moderatorin das Rücktrittsgesuch von Premier Yves Leterme. Das sei schon etwas lächerlich für einen Regierungschef, findet der 18-jährige Thomas und lacht bitter.
"Das fünfte Rücktrittsgesuch in drei Jahren."
Seine Mutter Francoise findet die neue Regierungskrise nicht komisch, sondern nur traurig. Jetzt sitze man richtig in der Patsche, mitten in der Wirtschaftskrise und auch noch kurz bevor Belgien den wechselnden EU-Vorsitz übernimmt.
Sie habe den Eindruck, dass für manche Politiker in Belgien nichts zähle außer Details wie die Teilung des gemischten Wahlkreises Brüssel-Halle-Vilvoorde, ihre eigene Sprachgruppe oder ihre Wähler. Alle Familienmitglieder finden, Belgien gebe leider mal wieder ein schlechtes Bild im Ausland ab. Dabei würde man sich untereinander gar nicht so schlecht verstehen, erzählt die 16-jährige Laura.
"Wenn man ans Meer fährt oder nach Flandern, dann streiten wir uns nicht. Wir haben gute Kontakte. Das geht es mehr um Politik. Aber für Außenstehende muss das so wirken, als ob sich Flamen und Wallonen hassen. Aber in Wirklichkeit ist das mehr ein Problem der Politik als zwischen den Menschen."
Doch dann erscheint auf dem Schirm nicht das gewohnte Gesicht der Abendmoderatorin, sondern der Plenarsaal des belgischen Abgeordnetenhauses, Menschen, die laut den Vlaamse Leeuw singen, die nationalistische flämische Hymne und die dazugehörigen gelben Fahnen mit dem Schwarzen Löwen schwenken. Es dauert eine Schrecksekunde, bis die Viersets erkennen, dass dies keine flämischen Abgeordneten sind, sondern Anhänger des Vlaams Belang, die für die Teilung Belgiens eintreten.
Trotzdem ein Schock: Das erste Mal, dass sie das im belgischen Parlament singen, Francoise und ihr Sohn sind fassungslos. Auch die Moderatorin der Abendsendung, die nun auf dem Bildschirm erscheint, ist empört: das Lied der Nationalisten in einer föderalen Institution und das mitten in der politischen Krise.
Niemand wusste nachher, wie die Anhänger des Vlaams Belang es bis in den Plenarsaal geschafft hatten, niemand hinderte sie daran, ihr Kampflied zu Ende zu singen. Es war eine Dosis Gift mehr für das ohnehin vergiftete politische Klima in Belgien.
Als Regierungschef Yves Leterme am Mittag bei König Albert sein Rücktrittsgesuch einreichte, war das sein fünftes Mal in drei Jahren. Noch im November hatte Leterme versprochen, den ewigen Spaltpilz, den Streit um die Rechte von Flamen und Frankofonen vor allem in den gemeinden rund um Brüssel aus dem Weg zu räumen.
Doch einmal mehr zerbrach eine Regierungskoalition an der Teilung des letzten gemischsprachigen Wahl- und Gerichtskreises Belgiens Brüssel-Halle-Vilvoorde. Die frankofonen Parteien wollten Nachbesserungen an einem Kompromissvorschlag von Altpremier Dehaene, die flämischen Liberalen waren dazu nicht mehr bereit und verließen die Regierung. Francoise Vierset kann es immer noch nicht glauben.
"Als Thomas mir sagte, dass der Regierungschef seinen Rücktritt einreicht, habe ich gesagt, das kann doch nicht wahr sein. Natürlich haben wir Gerüchte, Sorgen mitbekommen. Aber ich dachte nicht, dass das so schnell geht. Dehaene präsentiert seinen Kompromiss, dann heißt es, so geht's nicht - und plötzlich bricht alles auseinander."
Zusammengekauert auf dem Sofa verfolgt Tochter Laura die Nachrichtensendung. Die 16-Jährige spricht wie ihre Mutter und ihr Bruder flämisch. Seit einem Jahr hat sie über eine Austauschorganisation eine Freundin im flämischen Kortrijk gefunden. Die beiden treffen sich regelmäßig. Laura hält diese Regierungskrise für völlig überflüssig.
"Ich glaube, es gibt schon eine Lösung, wenn alle bereit sind zu einem Kompromiss und nicht auf ihren Maximalforderungen bestehen."
Im Fernsehen erwähnt die Moderatorin das Rücktrittsgesuch von Premier Yves Leterme. Das sei schon etwas lächerlich für einen Regierungschef, findet der 18-jährige Thomas und lacht bitter.
"Das fünfte Rücktrittsgesuch in drei Jahren."
Seine Mutter Francoise findet die neue Regierungskrise nicht komisch, sondern nur traurig. Jetzt sitze man richtig in der Patsche, mitten in der Wirtschaftskrise und auch noch kurz bevor Belgien den wechselnden EU-Vorsitz übernimmt.
Sie habe den Eindruck, dass für manche Politiker in Belgien nichts zähle außer Details wie die Teilung des gemischten Wahlkreises Brüssel-Halle-Vilvoorde, ihre eigene Sprachgruppe oder ihre Wähler. Alle Familienmitglieder finden, Belgien gebe leider mal wieder ein schlechtes Bild im Ausland ab. Dabei würde man sich untereinander gar nicht so schlecht verstehen, erzählt die 16-jährige Laura.
"Wenn man ans Meer fährt oder nach Flandern, dann streiten wir uns nicht. Wir haben gute Kontakte. Das geht es mehr um Politik. Aber für Außenstehende muss das so wirken, als ob sich Flamen und Wallonen hassen. Aber in Wirklichkeit ist das mehr ein Problem der Politik als zwischen den Menschen."