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DART-Mission
NASA testet erstmals Abwehr von gefährlichen Asteroiden

Falls ein größerer Asteroid droht, die Erde zu treffen, will man vorbereitet sein. Mit der DART-Mission ist es der NASA gelungen, eine Sonde auf dem Asteroiden Didymos einschlagen zu lassen. Nun muss geklärt werden: Konnte sie seinen Kurs verändern?

Von Karl Urban | 27.09.2022
Abbildung der Nasa-Raumsonde DART, die einem kleinen Satelliten ähnelt. Im Hintergrund sind zwei Asteroiden zu sehen.
Bei der Nasa-Mission DART soll ein Raumfahrzeug gezielt in einen Asteroiden krachen und dadurch dessen Flugbahn verändern. (Steve Gribben / NASA / Johns Hopkins / Steve Gribben)
Zum ersten Mal ist ein Raumfahrzeug absichtlich mit einem Asteroiden kollidiert. Die US-Raumfahrtbehörde NASA ließ die Sonde DART in der Nacht vom 26. uaf den 27. September gezielt mit dem Asteroidenmond Dimorphos zusammenstoßen, um dessen Umlaufbahn zu verändern. Ziel der Mission ist es zu testen, ob die Erde durch ein solches Manöver vor einem herannahenden Himmelskörper geschützt werden könnte. Die NASA sprach vom Beginn einer "neuen Ära".

Was macht die DART-Mission so besonders?

Raumfahrt ist meistens Grundlagenforschung - es steckt keine konkrete Anwendung in neuen Bildern des Jupiter oder Pluto. Im Gegensatz dazu gibt es für die DART-Mission eine sehr konkrete Anwendung: Man wollte eine Technik zur Verteidigung der Erde erproben - und zwar gegen eine Gefahr, die den gesamten Planeten verwüsten könnte.
Dazu kommt natürlich noch ein bisschen Popkultur: Hollywood hat in Filmen die Asteroidenabwehr vielfach vorweggenommen. Meist sind es dabei die Amerikaner und die NASA, die die Erde vor gefährlichen Kometen oder Asteroiden retten – die Fiktion könnte jetzt irgendwann Realität werden.

Wie genau lief der Zusammenprall ab?

Der Ziel-Asteroid Dimorphos wird begleitet von einem zweiten, größeren Asteroiden namens Didymos. Von der Sonde aus konnte man das Gespann über die Kamera erst eine Stunde vor errechnetem Zusammenstoß sehen - als einzelnes Pixel. 20 Minuten vor dem Einschlag schaltete die Sonde in einen vollautomatischen Modus, die Ingenieure und Ingenieurinnen im Kontrollraum konnten sich zurücklehnen.
Planmäßig schickte die Sonde schließlich um 1:14 Uhr deutscher Zeit letzte Bilder von der Oberfläche des Zielobjekts: Eine Landschaft übersät mit etwas, das aussieht wie große Felsbrocken, wahrscheinlich verbackener kosmischer Staub. DART traf hat schließlich mit einer Genauigkeit von 17 Metern - bei einer Größe des Asteroiden von rund 160 Metern dürfte ihn die Sonde somit wohl mittig getroffen haben.

Wie geht es jetzt weiter?

Zur Auswertung hat man nicht nur die Aufnahmen der DART-Sonde, sondern auch diejenigen von zahlreichen Teleskopen, die auf Dimorphos gerichtet waren, auf der Erde und im Weltraum. Zudem flog ein kleiner italienischer Satellit namens LiciaCube hinter DART her und beobachtete den Einschlag aus nächster Nähe.
Aus den Aufnahmen soll in den kommenden Monaten berechnet werden, wie stark sich die Umlaufzeit der beiden Asteroiden durch die Kollision mit DART verändert hat. Vermutlich ist es nur eine kleine Abweichung, die aber etwas darüber aussagt, wie stark sich ein Asteroid wie Dimorphos durch eine einschlagende Sonde wirklich ablenken lässt.

War die Asteroiden-Abwehr erfolgreich?

Um diese Frage beantworten zu können, ist es noch zu früh. Was man sagen kann: Es ist möglich, einen Asteroiden anzuvisieren und mit hoher Geschwindigkeit präzise zu treffen. Das heißt, die technischen Voraussetzungen, um Asteroiden gezielt zu beschießen sind vorhanden und funktionieren auch. Das wurde jedoch vorab auch nie in Frage gestellt.
Wie effizient die Abwehr funktioniert, wird man vermutlich in mehrere Schritten untersuchen: durch die genaue Auswertung der Bilder, der Analyse des ausgeworfenen Materials und den Beobachtungen, die Teleskope über die kommenden Monate sammeln werden. Zudem wird Ende 2026 die Raumsonde Hera der Europäischen Weltraumorganisation ESA zu Dimorphos fliegen. Sie soll den Einschlagskrater genauer in Augenschein nehmen und den Asteroiden als Ganzes mit einem Radar durchleuchten.

Könnte eine Asteroiden-Ablenkung auch als Waffe eingesetzt werden?

Jeder Satellit, der in hohem Tempo um die Erde kreist, lässt sich in eine Waffe verwandeln. Die Frage ist, wer so etwas tun möchte und zu welchem Zweck. Wer absichtlich einen Asteroiden so ablenkt, dass er auf die Erde stürzt, der nimmt einen sehr großen Kollateralschaden in Kauf. Natürlich ist es denkbar, dass Terroristen in Zukunft so etwas versuchen könnten, aber dafür bräuchte man schon einen Asteroiden, der sowieso sehr nahe an der Erde vorbeifliegt.