Archiv

Großes Sternbild am Südhimmel
Der Schlangenträger, ein uralter Riese mit Marktplatz

Nach Einbruch der Dunkelheit steht am Südhimmel ein großes, aber wenig auffälliges Sternbild: Ophiuchus, der Schlangenträger. Diese Figur aus eher schwachen Sternen erinnert an ein windschiefes Haus mit Giebel.

Von Dirk Lorenzen |
Der Schlangenträger (der Stern Ras Alhague an der Spitze ist markiert) zieht spätabends über den Südhimmel
Der Schlangenträger (der Stern Ras Alhague an der Spitze ist markiert) zieht spätabends über den Südhimmel. (Stellarium)
An der Spitze leuchtet Ras Alhague, der hellste Stern. Sein Name bedeutet „Kopf des Riesen“.
Der griechischen Sage nach stellt Ophiuchus Äskulap dar, den Gott der Medizin. Er ist der Sohn von Apollon und Koronis.
Doch weil Koronis ihren Mann während der Schwangerschaft betrogen hatte, tötete der eifersüchtige Apollon seine Frau. Er rettete noch das ungeborene Kind und ließ es von Chiron aufziehen, der als Zentaur am Himmel leuchtet – aus unseren Breiten allerdings nicht zu sehen ist.
Als Äskulap auf Kreta eine Schlange getötet hatte, beobachtete er, wie eine andere Schlange sie mit speziellen Kräutern wieder zum Leben erweckte. Mit den gleichen Kräutern schaffte Äskulap es auch, einen Menschen wiederzubeleben.
Zeus sah die exklusive Unsterblichkeit der Götter in Gefahr und erschlug Äskulap mit einem Blitz. Immerhin setzte er ihn an den Himmel – der Ophiuchus leuchtet uns noch heute.
Tatsächlich ist diese Figur viel älter als die griechische Antike. Denn schon vor fast fünf Jahrtausenden kannten die Sumerer im Zweistromland sie als sagenhaften Riesen Enkidu.
Im alten China sah man in diesen Gestirnen unter anderem einen himmlischen Marktplatz. Der hellste Stern galt als Hou, ein Berater des Herrschers.
Ob Riese, Heilkunst oder Markt – die Menschen staunen schon seit Urzeiten über den schiefen Ophiuchus am Südhimmel.