
Sommer und Wärme: Das weckt bei vielen Urlaubsstimmung, positive Gefühle, schöne Erinnerungen. Doch für viele trüben sich diese Bilder auch etwas, wie Fotos, deren Oberfläche langsam in der Sonne versengt.
Denn mit fortschreitendem Klimawandel rückt immer stärker ins Bewusstsein: Hohe Temperaturen und Sonnenstrahlung sind auch ein Risiko für die Gesundheit; Hitze kann lebensgefährlich sein, vor allem für alte und vorerkrankte Menschen, Säuglinge oder Schwangere. Gut, dass jetzt systematisch etwas für deren Schutz getan wird. Doch das darf nur ein erster Schritt sein.
4.500 Hitzetote im Sommer 2022
Zuerst sind bessere Daten wünschenswert. Ein Hitzschlag kann unmittelbar zum Tod führen. Hitze kann aber auch eine fatale Wirkung entfalten in Kombination mit Vorerkrankungen, zum Beispiel an Herz oder Lunge. Das macht es schwierig, alle Fälle zu erfassen. Das Robert-Koch-Institut jedenfalls schätzt, dass in heißen Sommern Tausende Menschen in Deutschland hitzebedingt sterben. Im Sommer 2022 waren es laut RKI etwa 4.500. Zum Vergleich: Im selben Jahr starben etwa 2800 Menschen in Deutschland bei Unfällen im Straßenverkehr.
Auch wenn die Daten präziser sein könnten – dass Hitze und Sonne ein Gesundheitsrisiko darstellen, ist unbestritten. Klar ist auch: Hitzewellen, tropische Nächte und Rekordtemperaturen dürften mit fortschreitendem Klimawandel immer öfter in Deutschland auftreten. Die Risiken dieser Entwicklung sollten sich alle erst einmal bewusst machen.
Schon da gibt es noch Handlungsbedarf: Das "Institute for Planetary Health Behaviour" der Universität Erfurt hat im Mai im Rahmen einer Studie eine Sondererhebung zum Thema Hitze gestartet. Das Ergebnis: Mindestens ein Drittel der Befragten unterschätzte – trotz Risikofaktoren – sein eigenes Hitzerisiko. Die Befürchtung: Wer seinen Risikostatus nicht kennt, schützt sich auch weniger.
Der Blick nach Frankreich hilft
Neben Aufklärung sind praktische Maßnahmen notwendig, um bei Bedarf rechtzeitig handeln zu können. Mit Augenmaß und gut begründet – auch um Stimmen und Stimmungen in den sozialen Medien entgegenzutreten, die vor einem „Klimalockdown“ warnen – harten staatlichen Einschränkungen. Dass Bund, Länder, Kommunen und Fachverbände dabei gemeinsam abwägen, ist sinnvoll, um passgenaue und angemessene Strategien zu entwickeln – auch der Blick auf andere Länder, die sich dem Thema Hitzeschutz schon länger widmen, ist hilfreich, zum Beispiel Frankreich.
Dort gibt es bereits seit 2004 ein mehrstufiges Hitzewarnsystem für die Zeit von Juni bis September, auf Grundlage des staatlichen Wetterdienstes. Alte Menschen und andere Risikogruppen können sich registrieren lassen und werden ab einer gewissen Risikolage regelmäßig per Telefon kontaktiert und zum Beispiel daran erinnert, genug zu trinken. Die Temperaturen in den Schulen werden kontrolliert. In den Städten werden Kältesäle eingerichtet, unter anderem für Obdachlose. Bei der höchsten Warnstufe, bei Temperaturen über 40 Grad Celsius, können auch öffentliche Veranstaltungen abgesagt werden, und Kliniken bereiten sich auf mehr Patientinnen und Patienten vor.
Nicht nur die Symptome lindern, sondern die Ursachen bekämpfen
Beim Thema Hitzeschutz geht es nicht nur um lebensrettende Maßnahmen für vulnerable Gruppen. Der Alltag aller Menschen kann dadurch erträglicher und gesünder gestaltet werden. Praktische Ideen dafür gibt es einige: Mehr Trinkwasserspender zum Beispiel im öffentlichen Raum. Oder Arbeitszeiten flexibel gestalten.
Und es braucht Hitzeanpassung auch auf einer ganz anderen Skala, nämlich in den Städten – sie sind Hitzeinseln, die sich besonders aufheizen und schlecht abkühlen. Das Stichwort hier: Mehr Grün! Anfang des Jahres hat ein Forschungsteam eine Analyse von 93 europäischen Großstädten vorgelegt. Das Ergebnis: Würde die Bedeckung durch Baumkronen auf 30 Prozent erhöht werden, würde das die Temperaturen in den Städten um durchschnittlich 0,4 Grad Celsius senken, maximal sogar um fast sechs Grad in manchen Gebieten. Dadurch könnte mehr als ein Drittel der hitzebedingten vorzeitigen Todesfälle vermieden werden.
Hitzeanpassung ist wichtig, um Menschen konkret zu schützen. Aber eines muss auch klar sein: Diese Maßnahmen bleiben nicht mehr als ein Gartenschlauch gegen einen Großbrand. Wir dürfen über das Lindern der Symptome hierzulande nicht vernachlässigen, die Ursachen zu bekämpfen, die die ganze Welt betreffen. Denn verschärft sich der Klimawandel weiter, warnt die UNO, wird eine Anpassung an die Heißzeit in manchen Weltregionen schon in wenigen Jahrzehnten nicht mehr möglich sein.