Freitag, 19. April 2024

Archiv

Liszt-like: Virtuose Etüden von Ljapunov
Florian Noack mit einer Referenzaufnahme

Der belgische Pianist Florian Noack ist seit vielen Jahren fasziniert vom Komponisten Sergej Ljapunov. Auf seiner neuen CD widmet er sich dessen Meisterwerk: den Etudes d'exécution transcendante. Eine hochvirtuose, zutiefst romantische Hommage an Liszt.

Am Mikrofon: Susann El Kassar | 29.11.2021
Ein junger Mann hält sich die rechte Hand vors Gesicht. Und zwar so, dass man sein rechtes Auge noch gut erkennen kann. Es ist der belgische Pianist Florian Noack.
Seine Debüt-CD widmete Florian Noack dem russichen Komponisten Sergej Ljapunov. Sie hieß selbstbewusst Vol. 1. Sein Ziel: alle Werke für Klavier solo von Sergej Ljapunov aufzunehmen. Fast 10 Jahre später ist Vol. 3 erschienen, darauf setzt sich Noack mit Ljapunovs Meisterwerk auseinander, den 12 Etudes d'exécution transcendante.

Großes Vorbild: Franz Liszt

Der Titel des Zyklus greift die gleichnamigen Etüden von Franz Liszt auf, die auf deutsch in etwa „Etüden von übernatürlicher Ausführung“ heißen. Liszt hat seine 12 virtuosen Etüden über viele Jahre überarbeitet, die Endfassung stammt von 1852. Wenige Jahre später, 1859, wurde Sergej Ljapunov in Zentralrussland geboren.

Vorwurf: Kein eigener Stil

Viele sahen und sehen in Ljapunov nur einen Epigonen, einen Komponisten, der keinen eigenen Stil hat. Florian Noack hat einen anderen Blick auf ihn:
"Als Komponist hat er nicht versucht, etwas bahnbrechend anders zu machen, er hat fortgeführt, was er gerne mochte: Musik von Liszt, Chopin und Balakirew.
Heutzutage blicken wir zurück und feiern Menschen, die Revolutionäres bewirkt haben, die etwas neu erfunden haben, die Geschichte geschrieben haben. Das trifft auf Ljapunov nicht zu. Aber wenn wir die Musikgeschichte mal beiseite legen, und nur die Musik an sich betrachten, dann sehe ich da wunderschöne Musik, die sehr gut furs Instrument geschrieben wurde und die sehr leicht zugänglich ist fürs Publikum."

Kein eigener Stil, aber eigener Charakter?

Trotz der vielen Ähnlichkeiten zwischen Liszts Etüden und denen von Ljapunov sieht sieht Florian Noack einen entscheidenden Unterschied und zwar in der Seele der Musik.
"Ljapunovs Charakter war ein ganz anderer als der von Liszt", erklärt Florian Noack. "Er ist viel introvertierter als Liszt, und das merkt man direkt mit der ersten Etüde, einem Wiegenlied."
Diese CD ist in Co-Produktion mit dem Deutschlandfunk entstanden und beim Label la dolce volta entstanden. Erste Kritiken loben die Interpretation des belgischen Pianisten sehr, und sprechen von einer Referenzaufnahme. Auch wurde die CD mit dem Diapason d'Or, der goldenen Stimmgabel ausgezeichnet. Das ist einer der wichtigsten Preise für Klassik-Neuerscheinungen in Frankreich.
Aufnahme vom Juni 2020 aus dem Deutschlandfunk Kammermusiksaal
Sergej Ljapunov
12 Études d'exécution transcendante
Florian Noack, Klavier