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Pflaster mit Ultraschall
Sonde liefert Langzeitdaten

Röntgen- und Ultraschallbilder oder MRT sind als bildgebende Verfahren in der Medizin nicht mehr wegzudenken. Allerdings liefern sie nur Momentaufnahmen. Forschende haben nun eine kleine Ultraschallsonde entwickelt, die sich wie ein Pflaster auf die Haut kleben lässt, um darunterliegende Organe zu beobachten.

Von Lucian Haas | 02.08.2022
MIT engineers designed an adhesive patch that produces ultrasound images of the body. The stamp-sized device sticks to skin and can provide continuous ultrasound imaging of internal organs for 48 hours.
Eine Ultraschallsonde, die sich wie ein Pflaster auf die Haut kleben lässt, kann kontinuierlich Aufnahmen innerer Organe wie Herz und Lunge machen. (MIT/Felice Frankel)
Eine Ultraschalluntersuchung ist eine meist kurze, aber glibberige Angelegenheit. Erst wird ein feuchtes Gel auf die zu untersuchende Körperpartie aufgetragen. Dann lässt der Arzt oder die Ärztin eine faustkeilgroße Ultraschallsonde darüber gleiten, um beispielsweise das Herz beim Schlagen zu beobachten. Nach ein paar Minuten ist alles vorbei. In Zukunft könnte das durchaus anders ablaufen. Xuanhe Zhao vom Massachusetts Institute of Technology arbeitet an nichts weniger als einer Art Ultraschall-Revolution.

Ultraschallsonde klebt auf der Haut


„Wir haben die Ultraschallsonde auf eine Dicke von nur zwei bis drei Millimeter geschrumpft. Außerdem verwenden wir anstelle des flüssigen Kontaktgels ein elastisches Gelkissen aus einem Hydrogel-Elastomer als die am Körper aufliegende Schicht. Schließlich fügen wir einen hautfreundlichen Kleber hinzu, damit die Ultraschallsonde am Körper haftet. Das Ergebnis ist ein Pflaster mit Ultraschallfähigkeiten. Damit können wir innere Organe kontinuierlich beobachten, derzeit bis zu zwei Tage am Stück.“

Was so einfach klingt, hat Jahre an Entwicklungsarbeit verschlungen. Dabei war vor allem Xuanhe Zhaos Expertise in der Herstellung weicher, biokompatibler Hydrogele gefragt.

„Die Herausforderung besteht darin, wie man die Hydrogel-Kontaktschicht gestaltet. Sie muss elastisch sein, darf aber nicht wegfließen. Sie muss vor Austrocknung geschützt sein. Gleichzeitig muss sie sich leicht am Körper befestigen lassen. Das ist alles andere als trivial. Wir haben bei der Entwicklung dieses neuen Materials über die Jahre Hunderte von Iterationen gemacht.“

In der aktuellen Form sind die Ultraschallpflaster rund zwei mal zwei Zentimeter groß. Auf die Haut geklebt, bleiben sie so flexibel, dass sie alle Bewegungen mitmachen ohne den Träger zu behindern. Man könnte mit ihnen sogar Joggen gehen oder Fahrrad fahren. Derzeit müssen sie allerdings noch über lästige Kabel mit einem Datenspeicher verbunden werden. Xuanhe Zhao arbeitet aber bereits daran, auch diese Funktion miniaturisiert als Chip auf dem Pflaster zu integrieren.

Ultraschallanalyse des Herzens zur Früherkennung


Die Auflösung der Bilder, die das Ultraschallpflaster liefert, ist nicht so gut, wie die von stationären medizinischen Geräten. Sie reicht aber bereits an die von mobilen Ultraschall-Handgeräten heran. Den Hauptvorteil und das Revolutionäre dieser Lösung sieht der Forscher darin, erstmals Langzeitbeobachtungen mit Ultraschall machen zu können – zum Beispiel bei Patienten mit Herzbeschwerden. Xuanhe Zhao:

„Die Patienten kleben sich einfach das Pflaster auf die Brust und tragen es zwei oder drei Tage lang. Das Pflaster nimmt dann jede halbe Stunde ein Bild oder ein Video auf, um eine klare Ultraschallanalyse des Herzens zur Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erhalten. Stellen Sie sich mal vor, wie das die diagnostischen Möglichkeiten erweitern würde.“
 
Die Einsatzbereiche gehen weit über eine Herz-Diagnostik hinaus. Ultraschall-Pflaster könnten auch eine kontinuierliche Blutdruckmessung ermöglichen, die Lungenfunktion von Covid-Patienten überwachen oder sogar in der Sportmedizin eingesetzt werden, um im laufenden Training Überlastungszustände von Muskeln zu erkennen, sagt Zhao.

„Vieles können wir uns noch gar nicht vorstellen. Ich denke, dass diese Entwicklung möglicherweise eine neue Ära der medizinischen Bildgebung mit tragbaren Geräten einleiten wird.“