First Lady of Jazz
Zum 110. Geburtstag der Pianistin Mary Lou Williams
Am Mikrofon: Odilo Clausnitzer
In einer Epoche, in der Frauen im Jazz sonst nur als Sängerinnen auftraten, zeigte die Pianistin und Arrangeurin Mary Lou Williams ihren männlichen Kollegen energisch, wo‘s langging. Stilistisch war sie ihrer Zeit lange um Jahre voraus. Mary Lou Williams‘ ist die bis heute wichtigste und einflussreichste Musikerin der Jazzgeschichte. In der euphorischen Swing-Ära, in der Count Basie, Benny Goodman und Duke Ellington den Ton angaben, konnte sich Williams als einzige Frau in diesem Kreis etablieren. Mit Mitte 20 sorgte die Musikerin aus Atlanta in der damaligen Jazzmetropole Kansas City für Furore. Sie lieferte die Arrangements für Andy Kirk‘s Clouds of Joy, die dort dem frühen Count-Basie-Orchester Konkurrenz machten. Ende der 1930er-Jahre waren auch die anspruchsvollen Jazzmusiker der US-Ostküste von ihr beeindruckt. In der Zeit, in welcher der Taumel des Swing seinen Höhepunkt erreichte, schrieb Mary Lou Williams eine der heißesten Nummern für das Benny-Goodman-Orchester. Bald darauf inspirierte sie Bebop-Avantgardisten wie Thelonious Monk und Bud Powell. Bis zu ihrem Tode 1981 wusste sie sich künstlerisch weiterzuentwickeln. Ihr Kompositionsrepertoire reichte von Blues und Boogie-Hits über anspruchsvolle Suiten bis zu Messen und Kantaten.