Ein Kran hält ein hundert Meter langes Stahlseil in die Höhe, von unten klettert ein unförmiges Gerät mit kreisrunden Solarzellen in die Höhe - und das in wenigen Sekunden. Was nach einer Spielerei einiger Ingenieure aussieht, ist der Versuch, den nächsten großen Schritt für die Raumfahrt vorzubereiten, der ohne Raketen funktioniert.
Es ist ein alter Traum: Wenn es gelänge, ein Seil bis in den Weltraum zu spannen, könnte man mit einem Aufzug ins All fahren. Seit 17 Jahren werden nun schon Wettbewerbe für Studenten abgehalten, die um die beste und zuverlässigste Aufzugstechnologie wetteifern.
„Dies ist ein riesiges Projekt mit vielen Herausforderungen, die wir nach und nach angehen werden.“ Peter Swan ist Präsident des Internationalen Weltraumaufzug-Konsortiums, einem Zusammenschluss von Ingenieuren, technikbegeisterten Rentnern oder Künstlern. Swan gibt zu, dass es sich auch heute noch um eine utopische Idee handelt. Denn der Aufzug, der von den Ingenieuren Climber genannt wird, da er sich mit einem Motor am Seil hochziehen muss, ist gar nicht die größte Hürde.
Hoffnungsträger sind zweidimensionale Materialien
"Es gibt nichts am Weltraumfahrstuhl, was nicht schon heute gemacht werden kann, außer dem Material für das Halteseil. Und daran arbeiten wir hart." Doch alle traditionellen Materialien für Seile, von Stahl bis zum weit verbreiteten Faserkunststoff Kevlar, würden unter ihrem eigenen Gewicht reißen. Bis vor einem Jahrzehnt galten Kohlenstoffnanoröhrchen als Hoffnungsträger: Sie waren zugstark und gleichzeitig leicht genug, allerdings lassen sie sich bis heute nur in kleinen Mengen produzieren.
Der bisherige Favorit wurde allerdings mittlerweile von zweidimensionalen Materialien abgelöst, einer recht neuen Werkstoffgruppe. Peter Swan: "Diese Materialien sind nur eine Atomlage dick und sie sind extrem stark. Führend ist momentan monokristallines Graphen. Aber es wurden schon 30 bis 40 zweidimensionale Materialien entdeckt.“
Graphen wird heute industriell hergestellt
Für die Entdeckung von Graphen erhielten dessen Erfinder 2010 den Nobelpreis für Physik. Mittlerweile wird das leichter herzustellende polykristalline Graphen dem Zement beigemischt oder im Autobau eingesetzt. Dieser industrielle Einsatz ist es, der die Massenproduktion eines tausende Kilometer langen Weltraumseils in einigen Jahren realistisch erscheinen lässt - zumindest für Peter Swan, Präsident des Internationalen Weltraumaufzug-Konsortiums.
"Es gibt mittlerweile Maschinen, die jede Stunde einen Kilometer lange und einen Meter breite Seile produzieren. Das ist eine gute Nachricht für den Weltraumaufzug." Ein Weltraumseil aus Graphen wäre so leicht, dass es als Spule an Bord einer Rakete ins All gestartet werden könnte, wo es nach unten abgerollt werden kann. Am Äquator würde es auf offenem Meer an einer festen Plattform befestigt, die dann als Bahnhof für die neue Bahnlinie ins All dienen könnte. Viele kleinere Probleme sind bis dahin noch zu lösen: Wie schützt man das Seil gegen Weltraumschrott, und zersetzt sich das Material in der Atmosphäre?
"Wie eine Bahnlinie ins All"
Dass der Aufzug dringend benötigt wird, ist für Peter Swan aber unstrittig: Weltweit nimmt die Zahl der Raketenstarts zu, Pläne von Mondbasen bis zu Solarkraftwerken im All nähmen derzeit Formen an. Für Swan und seine Mitstreiter steht fest: Der Weltraumaufzug, wenn er realisiert wird, könnte viele Umweltprobleme der Raumfahrt verringern. „Der Weltraumaufzug bringt alles von Meereshöhe ins All und dabei verbrennen wir nichts. Wir haben eine nette kleine Bahnlinie ins All, die problemlos funktioniert und das alles rein elektrisch.“