
Es ist wie ein kalter Entzug. Nach Jahren der Krisen – Corona und der russische Gaslieferstopp, in denen die jeweiligen Regierungen aus dem Vollen schöpfen konnten - muss die Ampel sich plötzlich in Verzicht üben. Das schmerzt viele gerade bei SPD und Grünen, denn bei Einhaltung der Schuldenbremse und Verzicht auf Steuererhöhungen bleibt der Handlungsspielraum äußerst begrenzt.
Einnahmen und Ausgabenwünsche klaffen auseinander
Wie schwer sich die Ampel damit - verständlicherweise - tut, haben die letzten Monate gezeigt. Einnahmen und Ausgabenwünsche klafften so sehr auseinander, dass der Finanzminister auf die Vorlage von Eckwerten im Frühjahr verzichtet hat. Doch wirklich funktioniert hat dieser Disziplinierungsversuch auch nicht, denn am Ende musste sich Christian Lindner die Unterstützung des Kanzlers holen, um die Ressortverantwortlichen auf Linie zu bringen.
Diese sehr ungewöhnliche Maßnahme hat den Finanzminister sicherlich nicht in seiner Position gestärkt. Aber sie war immerhin erfolgreich. Fast alle Ministerien - bis auf das Verteidigungsressort – müssen sparen. Zugleich ist daraus kein Kahlschlag, keine Streichorgie geworden, auch nicht bei der Streitfrage Elterngeld. Zumal die noch anstehenden Beratungen im Bundestag zur einen oder anderen Glättung führen werden.
So gesehen kann Lindner den heutigen Kabinettsbeschluss zum Haushalt 2024 erst mal als Erfolg verbuchen. Die Schuldenbremse wird eingehalten. Und selbst der enorme Investitionsbedarf in Bildung, Infrastruktur und Digitalisierung kann nicht rechtfertigen, die Vorgaben aus dem Grundgesetz erneut auszusetzen.
Der Klimafonds wird angezapft
Gleichzeitig ist jedoch absehbar, dass der Ampel die eigentliche haushaltspolitische Feuertaufe erst noch bevorsteht. Zum einen sollen jetzt bestimmte Projekte wie etwa milliardenschwere Investitionen zugunsten der Bahn oder die Förderung der Mikroelektronik aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden. Der eigentlich für die Klimawende geschaffene Fonds wird also verstärkt angezapft und gilt deshalb schon jetzt als unterfinanziert.
Daneben weist die mittelfristige Finanzplanung noch große Löcher auf. 15 Milliarden Euro fehlen noch bis 2027. Dazu kommt, dass der Bund ab 2028 die angehäuften Coronaschulden zurückzahlen muss. Während bis dahin auch der 100 Milliarden Euro schwere Kredit für die Bundeswehr verbraucht sein wird.
Die Schuldenbremse als Dauerthema
Was wiederum bedeutet, dass die finanzielle Besserstellung der Bundeswehr aus dem regulären Haushalt – und damit auf Kosten der anderen Etats – erwirtschaftet werden muss. Man kann es auch so ausdrücken: Die Verteilungskämpfe innerhalb der Ampel über die richtigen Prioritäten werden in Zukunft deutlich härter - und die Debatte um die Einhaltung der Schuldenbremse wird zum Dauerthema.