Donnerstag, 18. April 2024

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Uneinheitliches Protestmilieu
Impfskeptiker und ihre Welt

Einige Bundesländer haben angekündigt, die Corona-Impfpflicht für Pflegekräfte vorerst nicht durchzusetzen. Eine Verschnaufpause für Impfskeptiker und Impfgegner, die sich in ihrer Haltung bestätigt fühlen. Manche sehen in der Impfung einen Gewaltakt.

Von Tobias Krone | 18.02.2022
Impfgegner artikulieren ihren Unmut über die Corona-Politik - hier die angemeldete Demo von koelnistaktiv.de und selberdenkenkoeln.de in der Kölner Innenstadt.
Eine Mischung von Impfängstlichen, Esoterikern und Staatsgegnern: Protestmilieu Impfgegner (picture alliance / Christoph Hardt)
Als Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von der CSU kürzlich ankündigte, dass er die Impfpflicht für Pflegekräfte im Freistaat vorerst nicht umsetzen wird, da konnte Valentina aufatmen: „Dass er ein bisschen Pause gemacht hat bei der Impfpflicht im Pflegebereich – das finde ich gut.“

Valentina, deren Nachname hier nicht genannt werden soll, ist 47 Jahre alt und von Beruf Altenpflegerin. Gegen Corona hat sie sich nicht impfen lassen. So wie auch viele andere Pflegekräfte – deshalb habe der Ministerpräsident bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht jetzt wohl auf die Bremse getreten: „Also in erster Linie, dass die Krankenhäuser kein Personal verlieren, weil wir brauchen jetzt momentan viele Pflegekräfte in den Krankenhäusern.“

Auch Harald Vogler ist ungeimpft, auch er ist gegen eine Impfpflicht. Er lächelt, wenn man ihn auf Markus Söders neue Linie anspricht: „Ich habe schon mal privat die Vermutung geäußert: Vielleicht läuft der irgendwann jetzt bei den Spaziergängen mit, unser Ministerpräsident, weil er sich ja offensichtlich schon fast in Richtung der - ich sag jetzt mal das Schlagwort Querdenker bewegt?“

Impfskeptiker und Corona-Leugner schöpfen Hoffnung

Diese Vermutung des Rechtsanwalts, der auch Querdenker vertritt, ist natürlich nicht ernst gemeint. Aber Harald Vogler bringt ironisch auf den Punkt, was viele denken: Die bayerische CSU weicht ihre harte Linie gegenüber Menschen auf, die sich nicht gegen Corona impfen lassen wollen.  

„Wir dürfen uns bei Corona nie dem Vorwurf aussetzen, wir würden das Ganze ideologisch sehen.“ - Für solche Aussagen bekommt Söder Beifall von denjenigen, die sich zumindest teilweise nicht an die Corona-Regeln halten. Auch Impfskeptiker und Corona-Leugner schöpfen dieser Tage Hoffnung, dass sie um eine Impfpflicht herumkommen.

Altenpflegerin Valentina hofft, dass sich das Thema mit den angekündigten Lockerungen legen wird. Von einer Spaltung der Gesellschaft will sie nicht sprechen: „In meinem Kreis habe ich diese Spaltung nicht. Also, das Gefühl habe ich überhaupt nicht.“

„Die Spaltung – das machen unsere Medien, das Fernsehen“

Auf einem Spaziergang mit ihrem Hund nahe der fränkischen Stadt Bamberg erzählt sie von ihrer Arbeit und ihren Patientinnen und Patienten. Seit zwanzig Jahren kümmert sie sich um alte Menschen, die dafür privat bezahlen. Sie zeigt auf ein Dorf in Sichtweite, wo sie einen älteren Herrn betreut. Auch dort habe sie noch keine Polarisierung der Dorfbewohner wahrgenommen. 

„Die sind alle zusammen: Geimpft, ungeimpft – alle zusammen, das spielt keine Rolle. Darüber spricht man nicht, aber ich finde, diese Spaltung macht unsere Medien, das Fernsehen. Die Menschen machen es nicht selber. Diese Geschichte und der Druck – kommt alles von den Medien. Das ist meine Meinung.“

Ihre Meinung zu sagen, davor hat sie keine Angst. Valentina, die auf der Krim Krankenschwester gelernt hat und schon lange deutsche Staatsbürgerin ist, vertraut fest auf die deutsche Demokratie. Woher sie ihre Informationen bezieht?

„Ich informiere mich am meisten im Internet. Natürlich schaue ich auch die Nachrichten. Weil ich die Leute pflege und die älteren Menschen haben nur Fernsehen und Radio zu Hause, da muss ich diese Nachrichten mithören. Seit acht Jahren glaube ich, habe ich schon keinen Fernseher mehr zu Hause. Weil ich brauche das nicht. Ich will anschauen was ich will, ich mache Internet auf. Weil wir auf der ganzen Welt viele Professoren, Virologen, Ärzte haben – und die haben eine ganz andere Meinung als wir in unseren Medien haben.“

Bei der Frage, warum sie sich nicht gegen Corona impfen lassen will, bemüht sich Valentina um eine präzise Antwort: „Ich bin keine Impfgegnerin, Sie sollen mich richtig verstehen. Ich bin keine Verschwörungstheoretikerin, ich vertraue meinem Immunsystem, weil ich mein Immunsystem seit 47 Jahren kenne. Und diesem Impfstoff, diesem Medikament vertraue ich noch nicht. Denn, dass was wir jetzt sehen, viele Geimpfte sind krank geworden. Geboosterte sind auch krank geworden. Deswegen sollen die Leute an sich selbst denken, sollen sich selbst impfen lassen, aber nicht aus Solidarität.“

Sie gehe jeden Morgen zum Schnelltest, trage selbstverständlich immer eine Maske bei der Arbeit, sie respektiere, dass die Menschen, die sie pflegt, geimpft sind. Doch gerade eine Pflicht, sich selbst impfen zu lassen, mache sie skeptisch. Die Diskussion erlebt sie auch im Kontakt zu manchen Patienten. In einem Fall habe sie das Pflege-Verhältnis beendet.

„Ständig war so eine Frage: ‚Valentina, wie sehen Sie die Situation weiter? Weil ab 15. März kommt die Pflicht. Und Sie müssen geimpft werden.‘ Ich habe gesagt: ‚Ehrlich gesagt, ich möchte mich noch nicht impfen lassen. Ich bin einfach gesund.‘ Und mit so einem Druck … ich habe keine Kündigung bekommen. Nein. Aber mit diesem Druck und dieser ganzen Atmosphäre habe ich gesagt: Ich komme ab 1. Februar nicht mehr.“

Aktionen von Pflegekräften – gesteuert von Gruppen in Telegram

In anderen Haushalten dagegen dürfe sie weiterarbeiten. Und ohnehin weiß sie: Sich nicht impfen zu lassen, können sich viele Pflegekräfte leisten, weil die Nachfrage nach ihnen das Angebot weit übersteigt. Es gibt viel zu wenige Altenpflegerinnen und Altenpfleger. Längst habe sie die weggefallene Stelle durch eine neue ersetzt, erzählt Valentina. Über eine Zeitungsanzeige: „Ich habe Anrufe von Leuten bekommen. Und das erste, das ich gesagt habe: Ich bin nicht geimpft. Und die Leute haben gesagt, das macht nix. Also für mich ist das ein Zeichen: Dass es wirklich nichts ausmacht.“

Mehr zum Pflegekräftemangel

Die Altenpflegerin fühlt sich im Recht – und ist damit nicht allein. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts waren Mitte Februar Pflegekräfte in deutschen Pflegeheimen nur zu 86 Prozent vollständig geimpft – und nur zu rund 50 Prozent geboostert. Unter den Pflegekräften gibt es offenbar auch hartnäckige Impfgegner. In Bamberg wie anderswo drücken sie ihren Protest in symbolkräftigen Aktionen aus.
So erschienen an einem Wochenende im Januar dutzende Stellengesuche in der regionalen Tageszeitung: Es hieß, ungeimpfte Pflegekräfte suchten zum Stichtag der Impfpflicht im März neue Arbeitsstellen. Die Aktion wurde vermutlich von einer Protestgruppe im Messenger-Dienst Telegram gesteuert. Auch in anderen Lokalzeitungen gab es ähnliche Häufungen solcher Anzeigen.
Ein Rollator steht nahe einer Pflegefachkraft und einer Bewohnerin des Seniorenheims "Mein Zuhause Nienburg" im Freien. Die Seniorin sitzt auf einer Parkbank, die Pflegerin steht vor ihr und trägt einen Mund-Nase-Schutz.
Nur 86 Prozent der Pflegekräfte in deutschen Heimen sind Stand Mitte Februar vollständig geimpft (dpa / Sina Schuldt)
Die Debatte ist auch bei Matthias Pöhlmann angekommen, dem Ansprechpartner für Weltanschauungen und Sektenfragen bei der Evangelischen Kirche in Bayern. An ihn wenden sich Menschen, die fürchten, Angehörige an Verschwörungsideologien verloren zu haben: "Für Angehörige ist das eine ganz schwierige Situation, sie bringt sehr viel Verzweiflung und auch Ratlosigkeit mit sich. Wie soll man mit diesen Menschen, die sich eben – ich möchte mal sagen – in einem geschlossenen System bewegen, ins Gespräch kommen? Mich erinnert das an – ich möchte mal sagen – auch an versektete Strukturen.“

Mehr zur Impfgegner-Szene

Impfmüde, Impfängstliche, Esoteriker und Staatsgegner

Menschen, die an Verschwörungsmythen glauben, seien wie die Mitglieder von Sekten nicht mehr für Informationen außerhalb ihres Weltbildes zu erreichen. Doch der Theologe warnt davor, alle Impfskeptiker mit diesem harten Kern in Verbindung zu bringen.

„Es gibt vielleicht die Impfmüden, die Impfängstlichen vor allem bei Frauen, die die Befürchtung haben, unfruchtbar zu werden. Das hört man ja immer wieder. Dann gibt es auch die Esoterik-Affinen, die Naturheilkunde- und Homöopathie-Fans, die sowieso gegen evidenzbasierte Medizin eingestellt sind. Hinzu kommt bei manchen auch grundsätzlich diese kritische Einstellung gegenüber dem Staat, der also jetzt hier Vorgaben macht – und das möchte man sich letztendlich nicht gefallen lassen.“

In Bayern sorgte folgender Fall von Impfskepsis für Empörung: Es geht um die zwölf Jahre alte Klara, die in Wirklichkeit anders heißt. Klara wohnt mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater im bayerischen Voralpenland. Das Kind wollte sich aus eigenem Willen gegen Corona impfen lassen, das geht auch aus gerichtlichen Unterlagen hervor, die dem Deutschlandfunk vorliegen. Doch der leibliche und von der Mutter getrenntlebende Vater des Kindes, der selbst ungeimpft ist, stellt sich gegen diese Entscheidung.
Die Mutter, die wir hier Julia Sander nennen und deren Aussagen wir zum Schutz ihrer Identität nachsprechen lassen, stellte einen Antrag beim Amtsgericht Weilheim, dass sie als Mutter ihr Kind impfen lassen darf. Bei der mündlichen Verhandlung im vergangenen Herbst haben sich ihr Verfahrensbeistand, das Jugendamt und die zuständige Kinderärztin für die Impfung ausgesprochen. Die Richterin aber schien anderer Meinung zu sein, wie die Mutter berichtet:

„Irgendwann kam ich dann bei meinen Ausführungen auch zur STIKO-Empfehlung. Und in diesem Moment fing die Richterin an, eher süffisant zu lächeln. Die Richterin gab dann sinngemäß an, dass die STIKO durch den Druck der Politik die Impfempfehlung ausgesprochen hat. Diese Aussage hat mich natürlich auch wahnsinnig irritiert, weil ich überhaupt nicht damit gerechnet habe, dass ein Richter daran glaubt, dass die STIKO in Deutschland vielleicht Fehlurteile fällen kann. Das ist ein renommiertes Gremium aus 18 Experten.“

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Familienrichterin entscheidet gegen den Impfwunsch des Kindes

Julia Sander hat nach diesem Termin den Eindruck, dass nicht nur ihr Ex-Mann gegen die Impfung des Kindes ist, sondern auch die Familienrichterin. In ihrer schriftlichen Verfügung hält die Richterin der Impfempfehlung der Kinderärztin entgegen, dass etwa Long-Covid-Fälle bei Kindern und Jugendlichen sehr selten seien.
Ein Mädchen wird gegen Covid-19 geimpft.
Umstrittene Entscheidung einer Weilheimer Richterin zur Impfung einer Zwölfjährigen (picture alliance / dpa / Laci Perenyi)
Und weiter heißt es: „Die natürliche Immunität gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 ist breit aufgestellt, stabil und wirksamer als die Impfstoffimmunität, insbesondere bei der Bekämpfung von Varianten. Kinder und Jugendliche sind mit der natürlichen Immunität besser geschützt.“ So steht es in der schriftlichen Verfügung.
Die Mutter ist empört: „Das heißt, die Richterin empfiehlt ganz klar für meine Tochter: Meine Tochter soll sich mit dem gefährlichen Corona-Virus infizieren. Das ist verständlicherweise für mich als Mutter unbegreiflich und total erschreckend, diese Aussage. Zum anderen ist es für mich total befremdlich, dass eine Juristin meint, eine größere Expertise in der Impfthematik zu besitzen als die Kinderärztin meiner Tochter und die STIKO. Das ist in meinen Augen ein Skandal.“
Am Ende des Verfahrens hört die Richterin die Tochter an – und fällt danach den Beschluss. Darin würdigt die Richterin Klaras Argumente für eine Impfung zwar als „reflektiert und reif“ – argumentiert aber dennoch gegen die Impfung. Sie beruft sich dabei unter anderem auf einen Artikel des Ärzteblattes vom April 2021, der zu diesem Zeitpunkt elf minderjährige Corona-Tote zählte. Die Richterin lehnt den Antrag der Mutter ab. Legt hier eine Richterin ihren Entscheidungen die Meinung von Impfgegnern zugrunde?
Auf einen schriftlichen Fragenkatalog des Deutschlandfunks an das Amtsgericht Weilheim reagiert ein Vertreter der Pressestelle schriftlich: „Bei der von Ihnen angeführten Entscheidung handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung einer unabhängigen Richterin, die von der Behördenleitung nicht zu kommentieren ist.“
Die Weilheimer Richterin hat das Kindeswohl auf Ihre Weise interpretiert – und daran sei rechtlich nichts auszusetzen, sagt Hans-Georg Hermann, Professor für Bürgerliches Recht an der Ludwig-Maximilians-Universität München: "Ja, klar, sie ist genauso richterlich unabhängig wie alle anderen Richter auch. Sie muss und wird nach ihrem besten Wissen und Gewissen entscheiden – nach Recht und Gesetz. Das wollen wir mal annehmen. Und vor dem Hintergrund ist das nicht per se Überschreitung der Befugnisse, wenn man, sagen wir mal, ein non-konformes Urteil fällt.“

Kindeswohl und das Kriterium der wissenschaftlichen Standards

Für non-konform hält Hans-Georg Hermann die Entscheidung deshalb, weil in ähnlichen Fällen mehrere Amtsgerichte und auch Oberlandesgerichte anders als die Weilheimer Richterin die Empfehlung der Ständigen Impfkommission STIKO für maßgeblich hielten – und die Entscheidung dem Elternteil überließen, der die Impfung befürwortete.

„Die Orientierung bei der Frage der Abwägung, was spricht für und was spricht gegen eine Impfung unter Kindeswohlgesichtspunkten – bei der spielt halt dieser Faktor ‚objektive Richtigkeit‘, ‚wissenschaftliche Standards‘, spielt natürlich eine Rolle. Und die Oberlandesgerichte sind schon der Auffassung, dass Empfehlungen der Stiko durchaus ein gewisses Gewicht entfalten.“

Der Deutschlandfunk hat auch Klaras Vater kontaktiert – bislang ohne Antwort. Die Mutter Julia Sander hat inzwischen Beschwerde vor dem Oberlandesgericht München eingelegt. Der Münchner Rechtsexperte Hans-Georg Hermann rechnet ihr gute Chancen aus. Doch inzwischen, einen guten Monat nach dem Beschluss, ist eingetreten, was Mutter und Tochter befürchtet hatten.

„Nun hat sie sich infiziert. Klara leidet seit Tagen unter extrem starken Kopfschmerzen und Fieber. Sie hat starke Halsschmerzen. Sie ist kraftlos und leidet unter permanentem Schwindelgefühl. Auch ihr Geschmackssinn ist vermindert. Welche schwerwiegenderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Long Covid Klara nach der Erkrankung erwarten kann, kann ich jetzt noch nicht sagen. Das ist immer noch eine unbekannte Gefahr, die wir nicht ausschließen können.“

Impfen als „Vergewaltigung“

Die Erkenntnisse anerkannter wissenschaftlicher Gremien zur Impfung wie des Robert-Koch-Instituts – etwa die eindeutigen Zahlen, dass geimpfte Personen viel seltener schwer an Corona erkranken, dass sie, selbst wenn sie sich infizieren, weniger ansteckend sind: Diese Argumente wollen viele Impfskeptiker nicht gelten lassen. Im Gegenteil. Manche sehen in der Impfung grundsätzlich einen Gewaltakt.

„Beim Impfen mache ich einen körperlichen Eingriff. Ich spritze jemandem einen Impfstoff, den der einfach nicht akzeptiert wegen der Risiken oder einfach, weil er sich nicht impfen lassen will, weil er keine Nadel sich in den Körper stecken lassen will. Solche Leute gibt’s auch. Die halten Impfen für eine Vergewaltigung.“

Der Rechtsanwalt Harald Vogler aus Erlangen ist ein Mann mit weißem Haar und Vollbart – im Gerichtssaal tritt er ohne Maske auf, solange Richterinnen und Richter das dulden. Vogler vertritt gelegentlich Reichsbürger, aber auch Menschen, die wegen ihrer Sicht auf Corona Probleme im Beruf bekommen: weil sie sich gegen Tests wehren, gegen die Impfung, oder weil sie sogar mit einem gefälschten Impfpass erwischt wurden. Erst im Frühjahr laufen seine ersten Impfpass-Prozesse vor Gericht auf. Wie seine impfskeptische Klientel aus ganz Süddeutschland zu ihm findet? Wahrscheinlich wegen seiner Bekanntheit in der Szene. Auf einem Corona kritischen YouTube-Kanal findet man ein Interview mit ihm auf einer Corona-Demo. Dem Deutschlandfunk sagt er:

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Das Geschäft mit gefälschten Impfpässen floriert

Und so vertrauten ihm auch Impfgegner. Viel Geld verdiene er mit diesen Mandaten aber nicht, sagt Vogler. Warum sich Menschen gefälschte Impfpässe zulegen? Etwa, um in Länder reisen zu können, die einen Impfnachweis fordern. „Die Motivation von anderen Leuten ist einfach nur, wieder am Leben teilzunehmen, zum Beispiel in einer Gaststätte. Ganz normal zu essen.“

Das Geschäft mit gefälschten Impfpässen scheint zu florieren. Mitte Januar berichtete die Deutsche Presseagentur von 12.000 Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlich gefälschter Impfnachweise. Spitzenreiter mit etwa einem Drittel aller Verfahren ist zu jenem Zeitpunkt das Bundesland Bayern.
Ein Smartphone mit der CovPass-App.
Gefälschte Impfpässe im Umlauf: die CovPass-App dient auch als digitaler Impfpass (dpa / Soeren Stache)


Inzwischen steht die Nutzung eines gefälschten Impfpasses eindeutig unter Strafe. Abgeschreckt hat das viele offenbar nicht: Die bisherigen 2G-Regeln etwa im Einzelhandel oder in der Gastronomie haben das Geschäft der Fälscher wohl erst richtig angekurbelt. Laut DPA bieten sie bei Telegram inzwischen ein Komplett-Paket an: Das ausgefüllte Impfbuch kostet inklusive QR-Code 200 bis 300 Euro. Die ersten Urteile fielen bereits im Januar: Ein vorbestrafter Nutzer eines gefälschten Impfpasses aus Rheinland-Pfalz wurde zu drei Monaten auf Bewährung verurteilt, ein nicht Vorbestrafter aus Brandenburg zu 80 Tagessätzen zu je 30 Euro. Dass sich Menschen mit einem gefälschten Impfpass mögliche Vorteile erschleichen – und zugleich andere Menschen in Gefahr bringen – diese moralische Verantwortung erkennt der Jurist Harald Vogler nicht an.

„Das ist ja auch mittlerweile komplett bekannt, auch bei den normalen Medien wird das ja veröffentlicht, dass die auch ansteckend sein können. Also von daher… was für ein Sinn macht ein Impfpass?“

„Kollektiver Narzissmus der Impfgegener“

Für den Anwalt zählen weder die Bilder von Bergamo, deren Echtheit er in Frage stellt, noch beeindrucken ihn die Rechtsradikalen, die bei den als Spaziergänge bezeichneten Corona-Protesten mitlaufen. Solange sie keine verfassungsfeindlichen Symbole mit sich trügen, dürfe man ihnen das Demonstrieren nicht verbieten. Entscheidend in der Impffrage sei der Wille des Einzelnen – gegen den Staat. „Der Staat ist in den letzten zwei Jahren sehr übergriffig geworden, indem er in die privatesten Räume der Bürger eingreift.“

Der Theologe Matthias Pöhlmann sieht diese Haltung kritisch: „Ich habe den Eindruck, bei vielen geht es letztendlich auch um das eigene Ego. Man könnte fast schon von einem Narzissmus sprechen und bei Querdenken-Demos ist mir das aufgefallen: Dass man manchmal auch einen kollektiven Narzissmus pflegt. Und meines Erachtens ist hier auch die Kritik anzubringen, dass eben nicht das Einzelne sich absolut setzen darf, sondern dass es neben der Freiheit auch die Verantwortung braucht – für den Anderen, für die Mitmenschen.“

Wie die Impfskeptiker den politischen Diskurs langfristig mitprägen werden, lässt sich heute noch nicht sagen. Matthias Pöhlmann ist sich allerdings sicher: Auch, wenn die Pandemie eines Tages vorbei ist, wird sich dieses Protestmilieu nicht in Luft auflösen. Themen wie der Klimawandel böten sich als neue Aktionsfelder an, um wissenschaftliche Erkenntnisse und politische Akteure in Frage zu stellen.