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Musik fürs Auge
"Die Kunst der Fuge" als immersives Erlebnis

"Die Kunst der Fuge" ist Stück für Stück kunstvoll konstruiert. Das delian::quartett wollte ihr eine weitere sinnliche, visuelle Facette geben: Herausgekommen ist das immersive Konzerterlebnis "insight", das eine ungewöhnliche Premiere erlebt hat.

Von Bettina Mittelstraß | 21.12.2021
Vor schwarzem Hintergrund sieht man den Oberkörper eine griechischen Statue. Neben ihr wächst ein blaues geometrisches Gebilde, das an dicht gewachsene Farnenblätter erinnert. Es ist die Visualisierung von Contrapunctus 4 aus Bachs Kunst der Fuge.
Ein Ausschnitt aus der Video-Performance zu Bachs Kunst der Fuge. (delian::quartett & PiedraMudaLAB)
„Das ist ein Projekt, das es, soweit wir wissen, in dieser Form noch nie gegeben hat“, sagt Andreas Moscho, Geiger des delian::quartetts. „Auf der einen Seite kann "insight" die Menschen dazu bringen, sich von dieser Erwartungshaltung zu lösen, alles verstehen zu müssen, was in Bachs Fugen passiert. Andererseits addieren wir eine zusätzliche, emotionale Komponente, die verstärkt, was wir selbst von der „Kunst der Fuge“ denken, nämlich, dass es nicht nur eine geniale Komposition ist, die man bewundert, sondern auch tolle Musik, die man lieben kann.“

Musik, Mathematik und Videokunst

2018 hat das delian::quartett die "Kunst der Fuge" von Johann Sebastian Bach im Deutschlandfunk Kammermusiksaal aufgenommen, erschienen ist die CD bei OehmsClassics. Ein halbes Jahr später stieß das Streichquartett auf ein Video einer konzertanten Installation der Videokünstler Marc Molinos und Alberto De Gobbi von PiedraMudaLAB. Fasziniert von der Eleganz und der poetischen Kraft der Bilder beschloss das Quartett, gemeinsam mit PiedraMudaLAB Bachs Fugen als Videokunst-Projekt umzusetzen.
Grundlage für die Arbeit der Videokünstler war eine umfassende Analyse der "Kunst der Fuge" und die graphische Algorithmisierung des thematischen Materials durch den Musikwissenschaftler und Komponisten Andrea Damiano Cotti. Sämtliche Elemente der Video-Installation, ihre Gestalten, Transformationen und Choreographien, sind hierdurch inspiriert. Am Ende findet Bachs polyphone Musik ihren Widerhall in surrealen Bilderwelten: in sich aufbauenden Felsen, aufblühenden Korallen, tanzenden Blasen, mäandernden Farbstrukturen. Parallel zur live Performance der "Kunst der Fuge" werden die Strukturen der vierstimmigen Contrapuncti in Echtzeit sichtbar, es entsteht der mehrdimensionale Konzertabend „insight“.
Was die Geiger Andreas Moscho und Adrian Pinzaru, die Bratschistin Lara Albesano und der Cellist Hendrik Blumenroth mit „insight“ auf die Beine gestellt haben, wie lange und mit wem sie gearbeitet haben, und unter welchen kuriosen Umständen sie „insight“ im Corona-Frühjahr 2021 uraufgeführt haben - davon erzählt diese Musikszene.
Mit freundlicher Genehmigung von NAXOS Deutschland. www. naxos.de