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Kommentar: Leopard-2-Lieferung
Panzer bringen keinen Frieden

Die Beteiligung deutscher Kampfpanzer werde die russische Armee zu einer Verstärkung ihrer Kräfte herausfordern, kommentiert Sebastian Engelbrecht. Eine weitere Eskalation des Krieges sei somit vorprogrammiert.

Ein Kommentar von Sebastian Engelbrecht |
Ein Leopard-2-Panzer der Bundeswehr
„Auch wenn die Kriegsparteien gegenwärtig kein Interesse an Verhandlungen haben – die Bundesregierung sollte sich dem Rüstungs-Sog entziehen und alle ihre Kräfte darauf konzentrieren, den Krieg in Europa am Verhandlungstisch zu beenden“, meint Sebastian Engelbrecht. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
Panzer bringen keinen Frieden, sie bringen Krieg. Diese Einsicht mag manchem zu simpel erscheinen, aber sie stimmt im Kern. Nach dem Willen der Bundesregierung und einiger europäischer Staaten wie Polen, Finnland und den Niederlanden sollen deutsche Kampfpanzer den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine stoppen. Sie sollen ihrerseits russische Truppen aus den besetzten Gebieten in der Ukraine zurückdrängen. Das erscheint vielen legitim, weil Putin mit seinem Krieg gegen die Ukraine das Völkerrecht bricht.

Aber Kriege haben ihre eigene tödliche Dynamik. Und die Lieferung des deutschen Leopard-2-Panzers an die Ukraine wird diese Dynamik beschleunigen. Die Beteiligung deutscher Kampfpanzer wird die russische Armee zu einer Verstärkung ihrer Kräfte herausfordern. Eine weitere Eskalation des Krieges, und sei es nur innerhalb der Ukraine, ist so vorprogrammiert.
Das Zaudern des deutschen Kanzlers Scholz vor seiner Panzer-Entscheidung war deshalb nur allzu verständlich. Denn die Vorstellung, dass deutsche, besonders effektive Kampfpanzer durch den Osten der Ukraine fahren und auf den russischen Feind feuern, weckt auf allen Seiten die bittersten Erinnerungen. Vor 80 Jahren eroberte die Wehrmacht mit deutschen Panzern dieselben sowjetischen Gebiete zwischen Dnjepr und Donez, in die jetzt der „Leopard“ entsandt werden soll. Das westliche Bündnis sollte nicht unterschätzen, welche Erinnerungen in Russland wach werden, auch wenn Russland heute für diesen Krieg selbst verantwortlich ist.

Keine westliche Regierung kann die Risiken überschauen

Der Große Vaterländische Krieg war das Trauma der Russen im 20. Jahrhundert. Dieses durch deutsche Panzer jetzt wieder wachzurufen, ist mit unkalkulierbaren Risiken verbunden. Keine westliche Regierung kann diese Risiken überschauen. Es reicht bis hin zum Szenario eines Atomkriegs, vor dem die Internationalen Ärzte für dessen Verhütung seit einem Jahr eindringlich warnen.

Die kriegsmüde Politik Deutschlands und der Pazifismus der deutschen Linken sind keine zufälligen Erscheinungen. Sie sind das Ergebnis zweier Weltkriege, in denen deutsche Waffen Millionen den Tod brachten. Deutschland hat mit seiner militärischen Zurückhaltung aus der Geschichte gelernt.

Auch wenn die Kriegsparteien gegenwärtig kein Interesse an Verhandlungen haben – die Bundesregierung sollte sich dem Rüstungs-Sog entziehen und alle ihre Kräfte darauf konzentrieren, den Krieg in Europa am Verhandlungstisch zu beenden. Denn Panzer bringen keinen Frieden.