Natur, Kultur, Geschlecht (2/2)
Neue Männer, neue Rollen
Michael Meuser im Gespräch mit Pascal Fischer
Gleichheit zu postulieren, das ist ein Grundpfeiler eines modernen Feminismus. Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden hierbei allein auf Erziehung und Kultur zurückgeführt. Aber was, wenn sie doch auf die Natur zurückgehen?
Barbara Sichtermann hat im ersten Teil reflektiert, wie sich die verschiedenen Spielarten des Feminismus mit der Frage auseinandersetzen, ob Geschlecht am Ende nicht doch ein natürliches Fundament hat, auf das im zweiten Schritt kulturelle Formen aufgesetzt werden. Bei den Männern stellt sich die Situation ähnlich und doch anders dar: Einerseits ist die starre Rolle des Familienernährers längst aufgebrochen. Viele Väter gehen in Elternzeit und teilen sich Erziehungsaufgaben mit den Müttern. Ein Teil der Männer sieht ein, dass das Geschlecht keinerlei feste soziale Rollen vorgibt. Andererseits protestiert eine laute Minderheit: In der Populärkultur, in Dating-Ratgebern, sogar bei Expertendiskussionen werden angebliche Einsichten der Evolutionsbiologie angeführt, die im Mann wieder den Starken, den Führer, den Ernährer sehen, der nach Macht, Dominanz und Erfolg strebt. Und der US-Präsident erhält Beifall für seine sexistischen Sprüche. Ist das ein panisches Abwehrgefecht angesichts von Quotenregelungen, Frauenrechten und Frauen in Führungsfunktionen? Wie forsch kann eine männliche Sexualität sich geben in Zeiten von #MeToo - und wer definiert das? Und was macht eigentlich die Anerke nnung des dritten Geschlechts mit dem einst so starken Geschlecht?
Michael Meuser ist Professor für Soziologie der Geschlechterverhältnisse an der Technischen Universität Dortmund. Er hat zu so vielfältigen Themen wie Vätern in Elternzeit sowie Gender im migrantischen Milieu geforscht und beschäftigt sich gegenwärtig unter anderem mit dem Wandel der Arbeitswelt und den Auswirkungen auf die Geschlechterverhältnisse. Zuletzt erschien von Michael Meuser zum Thema: „Männlichkeiten und der Strukturwandel von Erwerbsarbeit in globalisierten Gesellschaften” (zusammen mit Diana Lengersdorf, Belz Juventa 2016).