Bürger in Wut, das Heizungsgesetz bringt die Menschen auf die Barrikaden. "Bild" macht kräftig mit, Springer fährt seit Monaten eine Kampagne gegen Energieminister Robert Habeck. Auch die Union springt auf, macht plumpe Stimmung gegen eine Klimapolitik, die sie selbst nie für wichtig und nötig gehalten hat.
All das hat nicht nur, aber ganz wesentlich auch die Bürgerschaftswahl im kleinen Bremen beeinflusst. Was sich dort abzeichnet, lässt Böses ahnen für den Bund. Das populistische Protest-Potential ist groß, es braucht nicht einmal einer AfD, die sogenannten Bürger in Wut, bisher nur in Bremerhaven stark, springen mit knapp zehn Prozent sofort in die Bresche.
Das muss eine Warnung für die Ampel sein. Denn die Kontroverse über die Heizungswende ist Wasser auf die Mühlen von Populisten. Die Vorstellung des Gebäudeenergiegesetzes war kommunikativ eine Katastrophe, die Grünen haben es zuallererst vermasselt, die Graichen-Affaire hat dem ganzen noch die Krone aufgesetzt.
FDP arbeitet gegen eigene Regierung
Zugleich aber hat der Kanzler beinahe schon genüsslich zugesehen, wie FDP-Chef Christian Lindner ein zentrales klimapolitisches Projekt dieser Koalition zerlegt. Olaf Scholz lässt das zu, weil er die Grünen als Konkurrenz betrachtet. Längst ist ein Wettbewerb darüber entbrannt, wer klimapolitische Lasten besser abfedert: SPD oder Grüne. Statt das vorab zu klären, sorgt diese Koalition weiter für Unsicherheit, gefördert von einer FDP, die in der eigenen Regierung opponiert.
Scholz ist offenbar getrieben von Angst vor den Wählern, er blickt zum Beispiel auf die Bauernproteste in den Niederlanden, die gegen Klimaauflagen rebellieren. Doch statt die Bürger mit einer intern abgestimmten, geeinten Klimapolitik mitzunehmen, treibt seine Regierung den Populisten die Wähler weiter in die Arme. Der unsägliche und weiter schwelende Bund-Länder-Streit über die Flüchtlingspolitik bewirkt da ein Übriges.
Koalition des Streits und des Stillstands
Das zeigt Wirkung, nicht nur in Bremen: Nur äußerst knapp ist die Republik im Kreis Oder-Spree gestern daran vorbeigeschrammt, den ersten AfD-Landrat Deutschlands zu bekommen. In den ostdeutschen Ländern kommt die AfD in den Umfragen mittlerweile auf durchschnittlich 26 Prozent. Nur noch in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen sind die Regierungsfraktionen noch stärker als die Konkurrenten von rechts außen.
Und die Wut der Bürger wird weiter wachsen, wenn die Ampel nicht endlich einlöst, was sie versprochen hat: Eine Koalition des Fortschritts zu sein und nicht des Streits und des Stillstands.