Kuba hat als Medizin-Exportland einen guten Klang. Kubanische Ärzte, kubanische Medikamente, kubanische Impfstoffe.
“Kuba ist schon seit einer Weile erfahrener Entwickler und Produzent von Impfstoffen. Aufgrund der US-Sanktionen gab es dort eine hohe Priorität, auf diesem Gebiet unabhängig zu werden. Sie haben Impfstoffe in die USA und andere Länder mit strikten Zulassungsvorgaben verkauft.“
"Man sollte diesen Impfstoff sehr ernst nehmen"
Craig Laferriere entwickelt selbst Impfstoffe für das kanadische Unternehmen Novateur und verfasst Berichte über die internationale Entwicklung bei den Coronaimpfstoffen. Kuba hat gleich drei eigene Vakzine entwickelt: Abdala, Soberana 2 und Soberana Plus.
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Zu den Soberana-Impfstoffen gab es kürzlich klinische Daten einer Phase 3-Studie mit fast 30.000 Teilnehmenden, die allerdings noch nicht unabhängig geprüft wurde. Danach erzielt ein Impfschema mit drei Dosen eine Wirksamkeit von über 90 Prozent in Bezug auf eine Infektion mit Symptomen und verhindert schwere Verläufe sogar vollständig.
In Kuba sind inzwischen vier von fünf Personen komplett geimpft. Zusammen mit einem Lockdown konnte das Land so eine Coronawelle im Herbst zurückdrängen. Aktuell liegt die 7-Tage-Inzidenz bei nur acht Infektionen pro hunderttausend Personen. Der Soberana-Impfstoff basiert auf dem Spike-Eiweiß des Coronavirus, das mit inaktiviertem Tetanustoxin kombiniert ist und deshalb eine starke Immunantwort auslöst. Craig Laferrierre sieht in dem Proteinimpfstoff großes Potential.
“Man sollte diesen Impfstoff sehr ernst nehmen. Die ersten Daten sind gut, er beruht auf einer Technik mit etabliertem Sicherheitsprofil. Er hat keine hohen Anforderungen an die Kühlkette. Die Herstellung ist preisgünstig und man könnte ihn auch als Booster für andere Impfstoffe einsetzen. Ich halte diesen Impfstoff für ziemlich interessant.“
Corona-Impfstoffe aus Indien und dem Iran
Damit würden sich die kubanischen Impfstoffe gut für den Einsatz zum Beispiel in Afrika eignen, wo die Impfkampagnen besonders schleppend verlaufen, vor allem weil es an Impfstoff fehlt. Kuba ist nicht das einzige Land, das in jüngster Zeit für positive Nachrichten sorgt. Das indische Unternehmen Biological E hat einen amerikanischen Proteinimpfstoff lizensiert und unter dem Namen Corbevax weiterentwickelt. Noch nicht veröffentlichte Phase 3-Daten legen eine Effektivität von rund 90 Prozent nahe. Ähnlich auch die Daten zu SpikoGen, einem Proteinimpfstoff, den ein australisches Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem Iran entwickelt hat und der im Iran auch schon zugelassen ist. Und auch China hat Kandidaten in Phase drei.
Die Weltgesundheitsorganisation prüft bereits einige dieser neuen Proteinimpfstoffe für eine Art Notfallzulassung, das sogenannte Emergency Use Listing. Das wäre ein wichtiger Schritt für eine größere internationale Rolle dieser Impfstoffe. Was Soberana 2 betrifft, sieht Craig Laferriere allerdings auf Seiten von Kuba nur eingeschränktes Engagement.
“Wir sind enttäuscht, dass Kuba sich nicht am Programm für offene Lizenzen der WHO beteiligt. Stattdessen gibt es Verträge mit einzelnen Nationen.“
Noch keine offene WHO-Lizenz
Kuba exportiert seine Impfstoffe in den Iran, nach Nicaragua, Venezuela und Vietnam. Eine offene WHO-Lizenz würde es auch anderen Ländern ermöglichen, kubanische Impfstoffe in eigenen Produktionsanlagen herzustellen. Hier allerdings hält sich Kuba zurück.
Überhaupt spielt Politik eine große Rolle. Brasilianische Ärzte bedauern, dass Brasilien Impfstoffe aus Kuba aufgrund politischer Differenzen erst gar nicht nutzen will. Kubanische und iranische Impfstoffe haben mit US-Sanktionen zu kämpfen. Die USA wollten zwar Ausnahmen erlassen, aber das ist noch nicht geschehen.
Banken, Handelspartner aber auch internationale Organisationen verhalten sich deshalb eher zurückhaltend. Dabei werden Proteinimpfstoffe aus Ländern wie Kuba, dem Iran oder China angesichts immer neuer Corona-Varianten und dem in vielen Weltregionen zu langsamen Impffortschritt dringend benötigt.
“Der ganze Planet ist praktisch ein Inkubator für Mutationen. Die Vorstellung, dass diese Pandemie nach zwei Jahren vorbei sein könnte, trifft einfach nicht zu. Es wird länger dauern. Deshalb wäre es vorteilhaft, viele Impfstoffe zu prüfen.“
Craig Laferriere bleibt optimistisch: “Wir hoffen, dass die WHO Lizenzvereinbarungen für den kubanischen Impfstoff und generell die Impfstoffe der zweiten Generation abschließen kann. Bei den Medikamenten hatten wir einen Durchbruch, inzwischen gibt es freie Lizenzen. Wir hoffen, dass wir Ähnliches schon bald auch bei den Impfstoffen sehen."