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Kommentar zu Fox News
Murdochs Medienkonzern wird weitermachen wie bisher

Der Wahlmaschinenhersteller Dominion gehe im Streit mit Fox News als moralischer und faktischer Sieger vom Platz, kommentiert Doris Simon. Aber für Wahrheit und Demokratie wäre es besser gewesen, der Prozess hätte stattgefunden.

Ein Kommentar von Doris Simon | 19.04.2023
Ein Mann geht am Fox News Hauptquartier in New York vorbei
Fox-News-Moderatoren hatten in ihren Sendungen behauptet, die Wahlcomputer von Dominion hätten dem damaligen demokratischen Präsidentschaftskandidaten und späteren Wahlsieger Joe Biden 2020 Stimmen zugeschanzt. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Yuki Iwamura)
Die Wahrheit ist wichtig. Lügen haben Konsequenzen. Verständlich, dass Wahlmaschinenhersteller Dominion den Vergleich mit Fox News als Bekenntnis zu Wahrheit und Demokratie feiert. Fox muss fast 800 Millionen Dollar Schadensersatz zahlen. Der Mediengigant wurde schon vor Prozessbeginn gezwungen, sich zu rechtfertigen für die Verbreitung von Donald Trumps erlogener Verschwörungstheorie von der gestohlenen Wahl über den Sender.
Der Wahlmaschinen-Hersteller geht als moralischer und faktischer Sieger vom Platz. Aber für Wahrheit und Demokratie wäre es besser gewesen, der Prozess hätte stattgefunden.
Die 800 Millionen Schadensersatz kann der Medienkonzern locker verkraften. Fox News ist eine Geldmaschine. Der Sender muss sich auch nicht entschuldigen für die Verbreitung von Lügen, die dazu geführt haben, dass ein großer Teil der US-Bürger überzeugt ist, ihre Demokratie sei kaputt und ihr Land stehe am Abgrund. Mit dem Vergleich hat es Fox News geschafft, einen peinlichen Prozess zu vermeiden. Über 7000 Dokumente, E-Mails, Aussagen von Fox-Mitarbeitern, Audio-Mitschnitte hätten detailliert ausgebreitet, wie besorgt Rupert Murdoch, das Fox Management und prominente Moderatoren waren, dass wahrheitsgemäße Berichterstattung über den Wahlausgang 2020 das Geschäft verderben würde.

Maulkorb für die eigenen Journalisten

Sie hielten die Lüge von der gestohlenen Wahl für den Schwachsinn, der sie ist, und schrieben sich das auch gegenseitig. Doch sie verpassten den eigenen Journalisten, die das Nachrichtengeschäft machen, die korrekt recherchierten und berichten, Maulkörbe. Sie gaben Moderatoren in den besten Talkshows Carte blanche, um die Verschwörungstheorien in Dauerschleife weiterzuverbreiten.
Was zählte, waren die Einschaltquoten und der Aktienkurs - nicht die Wahrheit. Ein Prozess wäre keine Garantie gewesen, dass sich die Dinge bei Fox News geändert hätten. Aber der Vergleich hat selbst diese geringe Chance zunichtegemacht. Fox musste sich auch nicht entschuldigen für seine Lügen und für das, was sie angerichtet haben.
Rupert Murdochs Medienkonzern wird weitermachen wie seit über 20 Jahren. Erst vor wenigen Wochen hat Fox-Starmoderator Tucker Carlson zur besten Sendezeit einen Videozusammenschnitt präsentiert, der den Umsturzversuch am Kapitol am 6. Januar 2021 als Spaziergang freiheitsliebender und besorgter Bürger präsentierte. Gestört nur von einigen Krawallbrüdern. Das Material der Kameras im Capitol hat ihm exklusiv der republikanische Parlamentsvorsitzende überlassen.
In dieser Woche schauten 3,7 Millionen US-Bürger Tucker Carlsons Sendung mit Donald Trump. Die Wahrheit ist wichtig, aber „Money Talks“ sagt man in den USA, Geld regiert, bei diesem Vergleich und ganz sicher bei Fox News.
Porträt: Doris Simon
Porträt: Doris Simon
Doris Simon, geboren 1964 in Bonn, ist Deutschlandradio-Korrespondentin für die USA und Kanada. Nach ihrer Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München und einem Studium der Geschichte, Politik und Kommunikation arbeitete sie als freie Journalistin für Fernsehen und Hörfunk in Bonn und Berlin. Für RIAS Berlin und später Deutschlandradio berichtete sie als Korrespondentin aus Bonn und Brüssel, sie hat als CvD und in der Programmdirektion im Deutschlandfunk gearbeitet und war viele Jahre Moderatorin und Redakteurin der „Informationen am Morgen“.