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Finnische Studie
Kein Zusammenhang zwischen Hörverlust und Corona-Impfung

Corona-Impfungen können in seltenen Fällen unerwünschte Nebenwirkungen haben. Zum Beispiel allergische Reaktionen oder Herzmuskelentzündungen. Eine Zeit lang stand der Verdacht im Raum, auch plötzlicher Gehörverlust könnte dazu zählen. Eine finnische Studie gibt jetzt aber Entwarnung.

Von Joachim Budde |
Ein Mann fasst sich ans Ohr
Ein plötzlicher Gehörverlust ist eine schwere Beeinträchtigung - die bei den meisten Betroffenen nach einigen Monaten wieder verschwindet (picture alliance/ dpa/ Andrea Warnecke)
Im Februar meldete ein israelisches Forscherteam, dass die Corona-Impfungen das Risiko leicht erhöhen könnten, einen plötzlichen Gehörverlust zu erleiden. Ein schwerwiegender Verdacht. Allerdings räumte das israelische Team damals bereits Schwächen seiner eigenen Studie ein. Für Petteri Hovi vom finnischen Institut für Gesundheit und Wohlfahrt Grund genug, der Sache nachzugehen: „Sie baten andere darum, die Analysen zu wiederholen. Denn sie haben selbst darauf hingewiesen, dass die Gruppe der Geimpften und die der Ungeimpften zu unterschiedlich waren, als dass man sie gut vergleichen könnte.“

Der Verlust des Gehörs - eine schwere Beeinträchtigung

Doch auch der Europäischen Eudra-Datenbank für Impfnebenwirkungen haben Ärztinnen und Ärzte bis März 2022 mehr als 1.000 Menschen gemeldet, die nach einer Corona-Impfung das Gehör verloren hatten. 1.000 Fälle – das sei bei 1,5 Milliarden Impfdosen zwar extrem selten, verdiene aber dennoch eine Überprüfung.
Normalerweise erleiden in den USA jedes Jahr rund 66.000 Menschen dieses Phänomen, bei dem sie plötzlich auf beiden Ohren taub sind. Die genauen Mechanismen sind noch unbekannt, so Petteri Hovi: „Über längere Zeit das Gehör zu verlieren, ist eine schwere Beeinträchtigung. Zum Glück erholen sich die meisten Betroffenen recht schnell wieder: Mehr als die Hälfe der Menschen können nach drei Monaten wieder hören.“
Petteri Hovi und sein Team schauten sich die gesamte finnische Bevölkerung an. Dazu sind sie in der Lage, weil jeder Bewohner Finnlands eine Identifikationsnummer und eine elektronische Krankenakte hat. Auf dieser Basis konnte Hovi identische Bevölkerungsgruppen auswählen und anonymisiert vergleichen. Wichtig dabei: Der Mediziner konnte zum Beispiel Menschen mit Diabetes oder Herzerkrankungen aus der Analyse ausschließen. Denn die leiden häufiger an plötzlichem Gehörverlust als der Rest der Bevölkerung.

Bei Geimpften tritt Hörverlust nicht öfter auf als bei Ungeimpften

Das Ergebnis der Untersuchung fasst Petteri Hovi so zusammen: „Die Mehrzahl der untersuchten Menschen hatte den Biontech-Impfstoff bekommen, wir hatten aber auch eine Menge Menschen, die das Moderna-Vakzin erhalten haben und einige mit Astra-Zeneca. Bei keinem der Impfstoffe war die Fallzahl erhöht. Menschen ohne Impfung haben genauso häufig einen plötzlichen Gehörverlust erlitten wie frisch Geimpfte.“
Damit konnte der finnische Forscher also erstmal Entwarnung geben. Er bestätigt damit eine Studie aus den USA, die ebenfalls keine Auffälligkeiten gefunden hatte. In einem zweiten Schritt schaute sich das finnische Team an, ob eine Covid-Erkrankung das Risiko eines Gehörverlusts erhöht. Auch da gibt Petterei Hovi Entwarnung: „Wir haben die Zeit nach einer Covid-Infektion verglichen mit demselben Zeitraum ohne Covid-Infektionen. Auch dabei konnten wir keinen Zuwachs bei plötzlichem Hörverlust feststellen.“
Zwar könne man sich die Daten noch genauer anschauen und die einzelnen Diagnosen noch einmal überprüfen, aber für den finnischen Mediziner steht schon jetzt fest: „Die Impfungen erhöhen das Risiko für diesen schweren Hörschaden nicht.“