Kommentar zum Cannabis-Gesetz
Legalisierung aus medizinischer Sicht nicht verantwortbar

Cannabis-Konsum soll legalisiert werden – so das Ziel der Bundesregierung. Keine gute Idee, findet Medizinjournalistin Christina Sartori. Die Droge berge zu viele wissenschaftlich belegte gesundheitliche Gefahren für junge Menschen.

Von Christina Sartori | 14.08.2023
Die Teilnehmerin einer Demonstration für die Cannabis-Legalisierung raucht einen Joint auf der Hanfparade, die laut Angaben der Veranstalter die größte Demonstration für Cannabis in Deutschland ist
Mitte August wird ein Entwurf im Kabinett beraten, der unter anderem vorsieht, dass der Eigenanbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen erlaubt ist. Daneben sollen Kauf und Besitz von maximal 25 Gramm ab dem Alter von 18 Jahren straffrei sein. (picture alliance / dpa / Annette Riedl)
Es klingt cool, wenn man sich für die Legalisierung von Cannabis ausspricht: Weniger gefährlich als Alkohol und Zigaretten, weniger Kriminalität. So argumentieren Befürworter der Legalisierung.
Aber diese Argumente halten nicht stand, wenn man mit Wissenschaftlern und Medizinern spricht. Deswegen ist die geplante Legalisierung von Cannabis-Produkten falsch.

Legalisierung wird zu mehr Konsum führen

Kinder- und Jugendmediziner haben zusammen mit Kinder- und Jugendpsychologen und mit Klinikärzten für Kinder- und Jugendpsychologie deutlich „Nein“ gesagt zu den aktuellen Plänen. Sie verweisen auf internationale Studien, die zeigen: Dort, wo Cannabis legalisiert wird, da steigt der Konsum gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Und das ist ein Problem.
Denn Mediziner wissen: Gerade in jungen Jahren ist das Gehirn besonders empfindlich, da reift es noch. Studien zeigen: Regelmäßiger Cannabis-Konsum in jungen Jahren schadet dem Gedächtnis, lässt Kiffer schlechter lernen, nachdenken und verringert ihre Aufmerksamkeit. Aufnahmen von Gehirnen Jugendlicher machten das sichtbar: Je mehr Cannabis sie konsumierten, desto stärker veränderte sich ihre Gehirnstruktur.

Gefahr für vulnerable Personen

Und das in einer Lebensphase, in der die Weichen für das spätere Leben gestellt werden: Junge Menschen, die intensiv Cannabis genießen, brechen häufiger die Schule ab und haben im Durchschnitt schlechtere Bildungsabschlüsse, als junge Menschen die nicht zum Joint greifen.
Guckt man sich vulnerable Personen an, können die Folgen noch gravierender sein: Für sie steigt mit dem Cannabis-Konsum das Risiko für depressive Störungen, Selbstmord-Gedanken, Angsterkrankungen und Psychosen. Von wegen „Cannabis entspannt“.

Sorge vor Verharmlosung

Und was ist mit dem Argument „Alkohol ist gefährlicher als Cannabis“? Diese Aussage macht Cannabis im Umkehrschluss nicht ungefährlich.
Dagegen ist es gut möglich, dass die seit einigen Jahren gerne verbreitete Ansicht, Cannabis sei ja ach so harmlos – dass genau diese Ansicht mit dazu beiträgt, dass Cannabis-Konsum verharmlost wird – und zunehmen wird. Erst recht nach der Legalisierung. Ein Hinweis: In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Menschen, die aufgrund von Cannabis-Konsum ins Krankenhaus eingewiesen wurden, deutlich: Es waren 2018 fast sechsmal so viele wie im Jahr 2000. Die Wissenschaftler nennen als möglichen Grund: mehr Akzeptanz und mehr Konsum.

Niederlande sind kein Vorbild

Dazu kommt: Viele der geplanten Regeln hält die Polizei für kaum kontrollierbar und auch der Richterbund befürchtet mehr Verfahren als bisher. Und wer in die Niederlande blickt, auf die so gerne von Befürwortern gezeigt wird: Dort hat man jetzt große Probleme mit organisierter Kriminalität, die Drogenpolitik gilt als gescheitert.
Damit bleibt: Die Gefahren gerade für junge Menschen wiegen viel schwerer, als der finanzielle Gewinn für irgendwelche Start-ups, die jetzt schon in den Startlöchern stehen, um bald einen neuen Markt zu beliefern.