Freitag, 31. März 2023

Kommentar zu Panzerlieferungen
Bitte mehr Nüchternheit in der politischen Debatte

Die Debatte um die Panzerlieferungen an die Ukraine sei zuweilen in einen bedenklichen Ton abgeglitten, kommentierte Daniela Vates. Die Demokratie sei aber zu kostbar, um sich nicht auf einen vernünftigen Umgang miteiander zu besinnen.

Ein Kommentar von Daniela Vates | 28.01.2023

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Plenum des Deutschen Bundestages.
Die Vorwürfe der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann an die Regierung hätten eine neue, vernichtende Qualität, so Daniela Vates (Imageo / Bernd Elmenthaler)
So. Die Panzerentscheidung ist gefallen. Können jetzt bitte alle mal wieder abrüsten? Und zwar in Worten und Sätzen. Denn die Debatte um die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine ist in eine zuweilen bedenkliche Tonlage abgeglitten, in der ein Wort das andere gab. Aus Kritik am Entscheidungsprozess von Kanzler Olaf Scholz, aus ungeduldigem Fingertrommeln wurde Furor, gnadenlos im Umgang mit der Gegenposition und dadurch zuweilen selbstgerecht.  

Vernichtender Vorwurf von Strack-Zimmermann

Auf Twitter gehört das zum schlecht gelaunten Alltag, die Politik aber kann sich diesen Umgangston nicht leisten. Die Spirale der Empörung gipfelte im Auftritt der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, die vom Versagen der Regierung sprach und von einem beschämenden Vorgang. Strack-Zimmermann formuliert häufig zugespitzt, der Vorwurf allerdings hatte eine neue, eine vernichtende Qualität. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schlug zurück und sprach von Empörungsritualen und Schnappatmung.

Als absurdes Kontrastprogramm machte der Hashtag FreeLeos die Runde - Befreit die Leoparden. Ach, die niedlichen Panzer, grausam eingesperrt von einem Kanzler - auch dieser Versuch der ironischen Brechung entsprach dem Ernst der Sache nur sehr bedingt.

Mehr Nüchternheit in der Debatte wünschenswert

Nebensächliche Stilkritik? Keineswegs. Worte prägen, und wenn sie von politischen Funktionsträgern kommen, setzen sie einen Ton in der gesellschaftlichen Debatte. Es ist nichts zu sagen gegen Meinungsstreit. Der ist ein zentrales Element der Demokratie. Und im Bundestag wurde immer schon geschimpft und polemisiert.

Aber es gibt einen Unterschied zwischen der viel gerühmten klaren Aussprache und aggressiven Einlassungen. Wo es platt wird, ist bald die Grenze erreicht.

Klar: Der Angriffskrieg Russlands, der tägliche Tod, Leid und Zerstörung über die Ukraine bringt, macht fassungslos und erklärt emotionale Ausbrüche. Wenn es um politische Entscheidungen oder Äußerungen geht, wäre aber Nüchternheit wünschenswert. Zuspitzung mag die Wahrnehmung erhöhen, der Kern der Sache lässt sich dabei aber leicht verfehlen. Und in einer hochkomplexen und heiklen Frage wie der Lieferung von Waffen in ein Kriegsgebiet ist bei aller Ungeduld und bei allem Willen zu helfen, auf jeden Fall Behutsamkeit angesagt.

Aufgeregtheit und Beleidigtsein sind keine guten Ratgeber

Dazu gehört es nicht, anderen die Zurechnungsfähigkeit abzusprechen. Das verhindert eine sinnvolle Auseinandersetzung.  Das Vertrauen in politische Institutionen nimmt laut Umfragen in Deutschland ab. Wenn Vertreter demokratischer Parteien das selbst befördern, indem sie sich gegenseitig mit Misstrauenserklärungen überhäufen, ist das wenig hilfreich. Das hat sich auch in der Debatte über die Corona-Pandemie und über die Migrationspolitik beobachten lassen.

In Ländern wie den USA hat sich gezeigt, wozu es führt, wenn in der politischen Debatte der Sinn für die Grundregeln des Umgangs abhandenkommt und Missgunst und Übertreibung zur Basis der politischen Kommunikation werden.

Nochmal: Es spricht nichts gegen Kritik, aber der Ton ist entscheidend. Aufgeregtheit ist selten der beste Ratgeber, genauso wenig wie Beleidigtsein.

Kanzler muss seine Politik erklären

Um eine Debatte wie die über die Panzer vernünftig führen zu können, gehört allerdings ein weiteres dazu: Der Kanzler muss seine Politik erklären, nicht jeden Zwischenschritt, aber wesentliche Eckpunkte - erst recht wenn es Irritationen gibt. Ausdrücklich hat Bundeskanzler Scholz nach der Panzerentscheidung bei seinem Auftritt im Bundestag die Bürger um Vertrauen gebeten. Darin, dass er schon das richtige tue. Dafür aber reichen treuherzige Blicke und Beteuerungen nicht. Das Kanzleramt sollte keine Blackbox sein.

Scholz sagt, er habe doch den Rahmen für seine Handlungen dargelegt - also die Absprache mit internationalen Partnern, die Garantie der Sicherheit Deutschlands und die Unterstützung der Ukraine. Das ist quasi die Betriebsanleitung. Etwas mehr Erklärung braucht es schon, wenn Politik nachvollziehbar werden soll. Das geht, auch ohne jedes Detail geheimer Verhandlungen nennen zu müssen.

Es reicht eben nicht, sich in der selbst empfundenen Klugheit und Umsichtigkeit zu sonnen und die Betrachter lässig davonzuwedeln. Und Nachfragen sind keine Majestätsbeleidigung.

 Entscheidungen wie die über Panzerlieferungen sind zu wichtig, um dies nicht zu beherzigen. Und die Demokratie ist zu kostbar, um sich in der politischen Debattenkultur nicht zu besinnen auf einen vernünftigen Umgang miteinander.