Peter Stamm liest die exklusiv für den Dlf geschriebene Geschichte „Nachnachher“
„Ich lese rückwärts in der Zeit, rückwärts in der Mappe mit deinen Briefen.“ Eine Premiere gibt es im Dlf mit einem der großen Schweizer Schriftsteller: Bestsellerautor Peter Stamm, Schiller- und Hölderlin-Preisträger, hat exklusiv für die „Lesezeit“ eine Short Story geschrieben. „Nachnachher“ erinnert an eine autofiktional bearbeitete Liebe in den frühen 1990er-Jahren: „Du bist tapfer, du bist zu stolz um zu leiden. Du hast immer noch Hoffnung. Was für ein Idiot ich war. Wenn ich rückwärtsgehe, ist es mir, als könnte ich lesend wiedergutmachen, was ich im Leben falsch gemacht habe, als könnte unsere Beziehung wieder heilen, Jahrzehnte nachdem sie zerfiel und endete.“ Hier erleben wir einen jungen Schriftsteller am Scheideweg, zerrissen zwischen der Literatur auf der einen, der großen Liebe auf der anderen Seite. Eine Erinnerung, die zum melancholischen Abschied wird: „Ich habe kaum Fotos von dir, von uns. Nur einmal in den Bergen habe ich fotografiert. Auf den meisten Bildern ist nur einer von uns zu sehen, meistens bist du es, ein einziges zeigt uns gemeinsam. Ich weiß nicht mehr, wer es gemacht hat. Hast du damals fotografiert? Hast du Bilder von uns?“
Peter Stamm, geboren 1963, studierte einige Semester Anglistik, Psychologie und Psychopathologie und übte verschiedene Berufe aus, u.a. in Paris und New York. Er lebt in der Schweiz. Seit 1990 arbeitet er als freier Autor. Er schrieb mehr als ein Dutzend Hörspiele. Seit seinem Romandebüt „Agnes" 1998 erschienen sechs weitere Romane, fünf Erzählungssammlungen und ein Band mit Theaterstücken, zuletzt die Romane „Weit über das Land", „Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt", „Das Archiv der Gefühle" und zuletzt „In einer dunkelblauen Stunde" sowie die Erzählung „Marcia aus Vermont". Unter dem Titel „Die Vertreibung aus dem Paradies" erschienen 2014 seine Bamberger Poetikvorlesungen sowie 2024 die Züricher Poetikvorlesungen „Eine Fantasie der Zeit". „Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt" wurde mit dem Schweizer Buchpreis 2018 ausgezeichnet.