Der Initiationstraum - Die Barbaren kommen (2/2)
Von Ursula Krechel
(Wdh. v. 26.12.2006)
In einem zweiteiligen Essay untersucht Ursula Krechel Mythologie und Bedeutung von sogenannten Initiationsträumen. Nach einem Jahrhundert der Erforschung des Unbewussten ein panoramatischer Blick zurück in die Zeit, als Träume noch etwas bedeuteten. Der Initiationstraum will gedeutet werden. Er bietet sich förmlich einer Deutung dar. Er ordnet die Welt auf eine sinnfällige, befriedigende Weise. Auch deshalb wird er im Gedächtnis behalten, weit über den Tag hinaus. Der Initiationstraum ist nie wirr, unklar, undeutliche Träume werden nicht als lebensgeschichtlich bedeutsam begriffen. Man könnte die Initiation als eine Zeit des Übergangs, eine Zeit der persönlichen oder historischen Wende bezeichnen, etwas Neues, Unbekanntes beginnt, ein Lebensalter, eine Stufe, eine soziale Situation muss unverhofft unter anderen Bedingungen gedeutet werden. Ursula Krechel, geboren 1947 in Trier, studierte Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Sie lebt in Berlin. Erste Lyrikveröffentlichungen 1977, danach Gedichtbände, Prosa, Theaterstücke, Hörspiele und Essays. Vielfache Auszeichnungen für ihr Werk. Zuletzt wurde Ursula Krechel 2012 für ihren Roman ,Landgericht’ mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet, 2018 folgte der Grimme-Preis für die Verfilmung des Romans (Heide Schwochow, Buch, und Mathias Glasner, Regie).