„Unter seinem Hut ist Utopia"
Eine Lange Nacht über Joseph Beuys
von Berit Hempel
Regie: Burkhard Reinartz
Schamane, Scharlatan, Vordenker? Der Zeichner, Bildhauer und Aktionskünstler Joseph Beuys erklärte einem toten Hasen Bilder, teilte sich mit einem Kojoten mehrere Tage einen Galerieraum, arbeitete mit ungewöhnlichen Materialien wie Fett, Filz und Honig. Mit wenigen Zeichenstrichen und einzelnen Wörtern öffnete er neue Gedankenräume. Beuys sah den Menschen in seiner Gesamtheit als Künstler und wollte das politische System und die Gesellschaft verändern. Durch seinen allumfassenden Ansatz veränderte er die Kunst. Joseph Beuys, am 12. Mai 1921 geboren, gilt als einer der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts mit seinem erweiterten Kunstbegriff und der Theorie der „sozialen Plastik“. Dabei polarisierte der Mann mit Hut und Weste wie kaum ein anderer, wurde verehrt und war umstritten. Sein Credo „jeder Mensch ist ein Künstler“ verstanden viele Menschen falsch. Als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie öffnete er seine Klasse für alle Studienbewerber, als Aktionskünstler bezog er Schläge, als Zeichner von Hirschen schuf er einen Kosmos, der tief in die Evolution reicht. Mit der Pflanzung von 7.000 Eichen forderte der Mitbegründer der Grünen 1982 auf der documenta 7 „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“. „Unter seinem Hut steckt Utopia“ - mit diesen Worten wurde Beuys 1986 der Wilhelm-Lehmbruck-Preis überreicht. Wenige Tage später, am 23. Januar, starb der Künstler in seinem Düsseldorfer Atelier. Die „Lange Nacht" versucht dieses Utopia zu ergründen, mit den Worten des Künstlers und in Interviews mit Wegbereitern, Weggefährten und Kunstbewahrern. Sie zeichnet den Lebensweg eines Menschen, der künstlerische Grenzen überschritt und an die Fähigkeit des Menschen glaubte: „Die Welt ist voller Rätsel und Aufgabenstellung, voller Rätsel. Für diese Rätsel ist aber der Mensch die Lösung“.