Hörspiel des Monats
Teure Schwalben
Von Irmgard Maenner
Regie: Heike Tauch
Mit: Irm Hermann, Julika Jenkins, Veronika Bachfischer, Sascha Nathan, Florian Lukas, Friedhelm Ptok, Markus Gertken, Judith Engel, Shelly Kupferberg
Komposition: Janko Hanushevsky
Produktion: Deutschlandfunk Kultur 2019
Länge: 56'21
Im Anschluß an das Hörspiel des Monats:
Die Gefahren eines Jahres im Deutschlandfunk
Eine Collage von Carsten Schneider
Der Deutschlandfunk stellt die Verkehrsnachrichten ein und aus diesem Anlaß bringen wir eine Collage, die der Radiomacher Carsten Schneider aus dem Material der Deutschlandfunk-Verkehrshinweise komponiert hat.
Verkehrshinweise folgten im Dlf jeweils im Anschluß an die Nachrichten: am Wochentag 37 mal, am Samstag 27, Sonntag 26 mal - also 238 mal pro Woche.
Im Jahr 2010 etwa 12.350 Verkehrsnachrichten. Rechnet man mit durchschnittlich acht Gefahrenmeldungen pro Sendung, so ergibt sich eine Jahres-Zahl von fast 100.000 Gefahren. Doch was waren das für Gefahren, die uns bedrohten, wenn wir mit dem Auto fuhren? In Carsten Schneiders Collage sind sämtliche Gefahren eines ganzen Jahres versammelt auf 39 Minuten.
Das Hörstück wurde ausgezeichnet mit dem Leipziger Hörspielpreis und dem Karl-Sczuka-Förderpreis 2018.
Hörspiel des Monats - Begründung der Jury der Akademie der Darstellenden Künste:
"Das Hörspiel ,Teure Schwalben‘ (Deutschlandfunk Kultur 2019) von Irmgard Maenner gestaltet die Geschichte der letzten Lebensphase einer 80 Jahre alten, an Demenz erkrankten Frau auf höchst innovative Weise: die allmählichen Wandlungsprozesse, den schleichenden Verfall an Bewusstheit und die einerseits ängstlichen, bisweilen aber auch humorvoll-offenen, ja affirmativ wirkenden Reaktionen der Umgebung auf diese Entwicklungen. Dem hält das Hörspiel - vorrangig dank der herausragenden Schauspielerin Irm Hermann - Facetten von Komik und Humor entgegen: Gesellschaftliche Normen und Schranken fallen als Folge von Krankheit und Pflegeheimeinweisung, dabei verwischen die Grenzen der Konventionen. Mit Bewunderung verfolgt man die spitzbübischen Eskapaden und makabren Geschehnisse um Heimflucht und Zaunüberwindung, die zeigen, dass Demenz einen fast bewundernswerten Fantasieraum eröffnen kann. Unter der Regie von Heike Tauch beschreibt dieses Hörspiel die Neudefinition des Seins infolge einer Erkrankung, angereichert durch klug montierte Erinnerungsfragmente und neu servierte Kindheitserinnerungen. Herausragend wirken die inszenatorischen Gestaltungsmittel, Musik und Sounds sind in der Komposition von Janko Hanushevsky prägnant, sparsam und zugleich effektiv eingesetzt. Die Darstellungsweise von ,Teure Schwalben‘ setzt dem ‚Honig im Kopf‘ die flatternden Schwalben so kunstvoll dargeboten entgegen, dass die eskapistischen Ebenen der Demenz nahezu positiv konnotiert wirken. Bis hin zu den neologistisch anmutenden ‚Hutschwalben‘ als Fantasiereservoir inszeniert Heike Tauch einen ästhetisch höchsten Kunstgenuss: Der Transfer von Erlebtem zu willkürlich Fantasiertem im Kopf der Hauptfigur ist großartig in Szene gesetzt."
Die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt am Main zeichnet jeden Monat ein Hörspiel aus den Produktionen der ARD-Anstalten aus. Die Entscheidung über das HÖRSPIEL DES MONATS trifft eine Jury, die jeweils für ein Jahr unter der Schirmherrschaft einer ARD-Anstalt arbeitet. Am Ende des Jahres wählt die Jury aus den 12 Hörspielen des Monats das HÖRSPIEL DES JAHRES.