Ich gehe in ein anderes Blau
Eine Lange Nacht über den Dichter Novalis
Von Burkhard Reinartz
Regie: der Autor
Vor 250 Jahren kam Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, der sich Novalis nannte, zur Welt. In seinem kurzen Leben von nur 28 Jahren prägte der Dichter, Philosoph, Bergbauingenieur und spirituelle Erneuerer die Epoche der Frühromantik. Romantik war für Novalis nichts Nebulöses oder sentimental Kitschiges: „Die Welt romantisieren heißt, sie als Kontinuum wahrzunehmen, in dem alles mit allem zusammenhängt.“ Nicht die Fantasie war der Ort seiner romantischen Ideale, er wollte das praktische Leben selbst verändern. Poesie umfasste für ihn nicht allein die Dichtung, sondern alle menschlichen Aktivitäten. „Die Poesie ist das absolut Reelle. Dies ist der Kern meiner Philosophie - je poetischer, je wahrer!“ Damit nahm er visionär das vorweg, was Joseph Beuys zwei Jahrhunderte später als Aufgabe der Kunst betrachtete. Wenn heute zunehmend der Ruf nach einer neuen Aufklärung auftaucht, erweist sich Novalis auch darin als Vorreiter. Einer empiristischen Weltsicht, die das Leben auf Messbares beschränken wollte, hielt er eine Weltanschauung entgegen, in der sich Verstand und Gefühl, exakte Naturwissenschaft und Poesie schöpferisch ergänzen. „Wir werden die Welt nur verstehen, wenn wir uns selber verstehen, weil wir und sie integrante Hälften sind. Das größeste Geheimnis ist der Mensch sich selbst.“ Wie aktuell Novalis’ Denken heute noch ist, zeigt sein Einfluss auf Künstler der Gegenwart wie Rolf Dieter Brinkmann. Der Schriftsteller griff das berühmte romantische Bild der Blauen Blume aus Novalis’ Roman „Heinrich von Ofterdingen“ in der Gedichtzeile auf: „Ich gehe in ein anderes Blau.“