Unsere Freiheit, von außen gesehen
Von Stefan Weidner
Der Westen steht für Freiheit, sagt man. Doch der Begriff der Freiheit steht auf dem Prüfstand. Wie wird außerhalb westlicher Kontexte über Freiheit geredet? Die seit 1989 dominierende Leitvorstellung Freiheit ist inzwischen auf allen Ebenen schweren Anfechtungen ausgesetzt: wirtschaftlich, kulturell, politisch. Schien es nach 2001 vorerst nur der radikale Islam, der unsere Wertvorstellungen bedrohte, sind die illiberalen Strömungen inzwischen weltweit auf dem Vormarsch. Als Antwort darauf verschanzen sich weite Teile des liberalen Meinungsspektrums im Westen hinter einem dogmatischen Begriff von Freiheit, der für die anstehenden Auseinandersetzungen mit dem Autoritarismus keine neuen Perspektiven eröffnet. Eine differenzierte Sicht auf unsere Vorstellungen von Freiheit wird hingegen derzeit von zahlreichen nicht-westlichen Intellektuellen formuliert. Sie ist geschult ebenso in der Auseinandersetzung mit einem hegemonialen Westen wie mit autochthonen autoritären Regimen und Gesellschaftsstrukturen. Stefan Weidner skizziert in seinem Essay, wie der Freiheitsbegriff außerhalb des Westens während der letzten Jahre gedacht worden ist und ob diese Überlegungen den unter Druck geratenen Liberalismus erneuern und um hilfreiche Perspektiven ergänzen können.
Stefan Weidner, geboren 1967, ist Islamwissenschaftler, Autor und Übersetzer, lebt in Köln. Zuletzt erschien von ihm im Hanser Verlag ,Jenseits des Westens. Für einen neuen Kosmopolitismus’ und die Übersetzung der Gedichte des mittelalterlichen arabischen Mystikers Ibn Arabi: ,Der Übersetzer der Sehnsüchte’ (Verlag Jung und Jung).