In memoriam Günter Grass
Lesung: Günter Grass liest aus "Die Blechtrommel"
Gesprächspartner: Breon Mitchell (USA), Per Öhrgaard (Dänemark), Oili Suominen (Finnland) und Helmut Frielinghaus
Am Mikrofon: Denis Scheck
(Wdh. vom 25.7.09)
Am 13. April 2015 starb der deutsche Literaturnobelpreisträger Günter Grass. Mit seinen Gedichten und seiner Prosa, neben der ‚Blechtrommel‘ insbesondere mit dem Roman ‚Hundejahre‘, den Erzählungen ‚Katz und Maus‘ und ‚Das Treffen in Telgte‘ sowie mit seinem Erinnerungsbuch ‚Beim Häuten der Zwiebel‘, hat Günter Grass den Maßstab in der deutschen Gegenwartsliteratur gesetzt.
„Zugegeben: ich bin Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt, mein Pfleger beobachtet mich, läßt mich kaum aus dem Auge; denn in der Tür ist ein Guckloch, und meines Pflegers Auge ist von jenem Braun, welches mich, den Blauäuigen, nicht durchschauen kann.“ Mit diesem doppelbödigen Satz meldet sich 1959 der Erzähler des Romans ‚Die Blechtrommel‘ zu Wort, Oskar Matzerath, wie sein Erfinder Grass in Danzig geboren, allerdings drei Jahre älter als dieser und als ewig dreijähriger Wachstumsverweigerer in der Zeit eingefroren. Dieser Romananfang, aufrüttelnd wie ein Donnerschlag und so verführerisch geheimnisvoll wie ein Jazzriff, ist die Unabhängigkeitserklärung der deutschen Nachkriegsliteratur: von jetzt an, so die bis heute befreiende Botschaft dieses Buchs, ist uns nichts mehr heilig, schrecken wir vor keinem Tabu mehr zurück, lassen keine Wahrheiten mehr ungeprüft gelten. Woher rührt Matzeraths subversive Macht? Ganz einfach: der Verrückte stellt dem Leser die Frage, wieso er verrückt ist und nicht die Welt, in der er lebt. Vor sechs Jahren feierte die DLF-Sendereihe ‚Studio LCB‘ den 50. Geburtstag der ‚Blechtrommel‘ mit einer Lesung von Günter Grass aus seinem Roman, vor allem aber mit einer Diskussion mit Günter Grass, seinem langjährigen Lektor Helmut Frielinghaus und mit den literarischen Übersetzern Breon Mitchell, Per Öhrgaard, und Oili Suominen, die ‚Blechtrommel‘ ins Englische, Dänische und Finnische übertragen haben.
Im Todesjahr von Günter Grass erinnert der Deutschlandfunk an das zeitlose Meisterwerk eines der bedeutendsten deutschen Schriftstellers der Nachkriegszeit.