Jan Koneffke liest aus seinem Roman "Ein Sonntagskind" (2/2)
Jan Koneffke ist ein Meister des epischen zeitgeschichtlichen Romans. Sein neuer Roman "Ein Sonntagskind" beginnt in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs und schlägt einen Bogen bis heute und zur Persepktive der nächsten und übernächsten Generation und ihrem Unverständnis gegenüber dem Geschehenen.
Es beginnt Winter 1944/45: Um seinen unreifen Sohn Konrad vor den Werbern der SS zu retten, drängt dessen Nazi-skeptischer Vater ihn, freiwillig Reserveoffizier bei der Wehrmacht zu werden; kurz darauf rät er ihm sogar zur Fahnenflucht - Hitlerjunge Konrad graut es zwar vor Kampfeinsätzen, zugleich ist er aber über den mangelnden Patriotismus des Vaters entsetzt und überlegt ernsthaft, ihn anzuzeigen. Der Krieg macht durch Zufälle aus dem Feigling einen Helden, er bekommt sogar das Eiserne Kreuz Erster Klasse. Prahlend berichtet er darüber in Briefen an ferne Kameraden. Nach dem Kriegsende jedoch sieht die Welt anders aus. Der vorher verachtete Vater wird zum Leitstern. Konrad schämt sich zutiefst für seine Kriegstaten und verschweigt sie hartnäckig - erst recht, als er, gefordert von einem ehemaligen Widerständler, Philosophiedozent wird, Schwerpunkt Ethik.
Konrad gerät in Frankfurt, inzwischen Professor, ins linke Milieu - und mitten in die Wirren der Studentenbewegung. Als die Staatssicherheit der DDR über einen ehemaligen Kriegskameraden an kompromittierende Informationen über ihn gelangt, gelingt es dem 'Sonntagskind' Konrad, erneut den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Die Nachricht vom Fall der Mauer hört er nicht nur mit Freude. Erst sein Sohn wird die prahlenden Jugendbriefe seines Vaters finden - und darin einen Menschen, den er nicht kennt und dessen wahre Identität er rekonstruieren will.
Jan Koneffke, geboren 1960 in Darmstadt, studierte und arbeitete ab 1981 in Berlin. Nach seinem Villa-Massimo-Stipendium 1995 lebte er für weitere sieben Jahre in Rom und pendelt heute zwischen Wien, Bukarest und einem kleinen Ort in den Karpaten. Er liest einen zweiten und letzten Teil aus "Ein Sonntagskind".