Neue Reden aus Los Angeles und aus der Paulskirche
55 Stimmen für die Demokratie (Teil 3)
Von Stephanie Metzger
Demokratie in Zeiten der Pandemie und die Gefahr der demokratischen Verwahrlosung: Hoffnung aber auch Warnung prägen die drei neuen Stimmen, die im Rahmen des Projekts „55 Voices for Democracy“ vom Thomas Mann House in Los Angeles über die gegenwärtige Lage der Demokratie nachdenken. Die Soziologin Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, weist in ihrer Rede, gehalten in der Frankfurter Paulskirche, auf das anhaltende Vertrauen der deutschen Bevölkerung in die Demokratie in Zeiten der Pandemie hin. Als ein Begriff, der nicht auf Gewissheiten, sondern auf Begegnung setzt, gelte es aber, dieses Vertrauen zu nähren, indem soziale Räume durchlässig bleiben, Frauen nicht zurück ins Heim gedrängt werden und gesellschaftliche Teilhabe für alle möglich bleibt. Ebenfalls in Frankfurt warnte der Politologe und Philosoph Rainer Forst vor der „Verwahrlosung“ der Demokratie, die sich an der Aushöhlung des Begriffs, sozialer Abschottung und politischer Radikalisierung immer deutlicher manifestiere. Die Kulturwissenschaftlerin Heike Paul schließlich erinnert in ihrer Rede daran, dass Demokratie ohne einen Kampf für die Rechte von Frauen und aller anderen „Anderen“ nicht zu denken ist. Das Projekt „55 Voices for Democracy“ vom Thomas Mann House knüpft an die 55 Radioansprachen an, in denen sich Thomas Mann über die BBC während der Kriegsjahre an Hörerinnen und Hörer in Deutschland, der Schweiz, Schweden und in den besetzten Ländern Niederlande und Tschechoslowakei wandte.