Zerrissen nach allen Seiten
Eine Lange Nacht über Kunst und Grauen im Ersten Weltkrieg
Von Monika Künzel und Michael Köhler
Regie: Rita Höhne
Studiogäste:
Prof. Dr. Bénédicte Savoy, Kunsthistorikerin TU Berlin
Prof. Dr. Gertrude Cepl-Kaufmann, Literaturwissenschaftlerin ,Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Prof. Christoph Stölzl, Präsident der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar
(Wdh. v. 5./6.4.2014)
„Es war Reinigung, Befreiung, was wir empfanden, und eine ungeheure Hoffnung.“ - Nicht nur Thomas Mann verklärte den Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 als ,Großen Krieg'. Er fiel in eine Phase außergewöhnlicher Vitalität und der Gründung von Avantgarde-Bewegungen in den Künsten und beeinflusste mehr als jeder andere Konflikt das Werk der Künstler, die ihn erlebten. Avantgarde-Bewegungen wie der Expressionismus und der Kubismus waren entstanden, Künstlervereinigungen wie ,Die Brücke' und ,Der Blaue Reiter' gegründet. Selbst Käthe Kruse staffierte ihre kindlich-lebensechten Stoffpuppen als stramme ,Potsdamer Soldaten' in den Uniformen der kriegführenden Staaten aus. Wer heute verstehen will, „wie die Herzen … sogleich in Flammen standen, als jetzt Krieg wurde“, muss sich die Zeit vor hundert Jahren vergegenwärtigen. Der Dadaist Walter Serner beschrieb den Krieg als eine Reaktion auf das umgehende „Gespenst der Langeweile“. Doch im Gegensatz zu vielen Künstlern wich die große Begeisterung für diesen Krieg in der Bevölkerung schnell einer nicht minder starken Ernüchterung. Der britische Historiker Christopher Clark provozierte mit seinem Werk ,Die Schlafwandler' ein neues Nachdenken über die Komplexität der europäischen Vorkriegspolitik. 70 Millionen Soldaten standen in Europa, Afrika, Asien und auf den Weltmeeren unter Waffen. 17 Millionen Menschen starben unter erbärmlichen Umständen. Wer überlebte, trug seine Narben, körperlich und seelisch sein Leben lang. Erich Maria Remarque hat mit seinem Buch ,Im Westen nichts Neues', zehn Jahre nach seinen eigenen Kriegserlebnissen, einer verlorenen Generation ein bis heute erschütterndes Denkmal gesetzt.