Heimat
Von Markus Metz und Georg Seeßlen
(Wdh. v. 3.10.2019)
Mit Heimat lässt sich inzwischen beinahe alles verkaufen und vieles rechtfertigen. Die Heimat aber ist ein Zustand, der entweder für alle Menschen gelten muss, oder für niemanden. Eine Begriffsbestimmung zur Heimat zwischen Nostalgie, Kitsch, Ideologie und Utopie.
Die Auseinandersetzung darüber, welchen Begriff von Heimat wir verwenden wollen, was wir meinen, wenn wir uns über Heimat unterhalten oder auch streiten, ist ein Schlüssel für die Kultur einer kommenden Gesellschaft. Die extreme Rechte versucht, den Begriff seit geraumer Zeit im Sinne einer „völkischen" Ideologie von „Blut und Boden" zu besetzen und sie als politische Waffe gegen einen angeblich heimatlosen, verräterischen Liberalismus einzusetzen, der nur kosmopolitisches und grenzenloses Chaos verspreche. Gleichzeitig freilich ist „Heimat" ein Geschäftsmodell, das Tourismus, mediale Heimatfantasien und industrielle Folklore gewinnbringend einsetzt. Diesem zweifachen Missbrauch kann man begegnen, indem man den anderen, den humanistischen, offenen und utopischen Begriff wieder in sein Recht setzt, der genau so tief in unserer Kultur verankert ist wie der regressive und chauvinistische. Für einen allgemeinen Dialog wäre schon viel gewonnen, wenn uns klar ist, wie viele unterschiedliche Dinge gemeint sein können, wenn von Heimat die Rede ist.
Markus Metz, geboren 1958, studierte Publizistik, Politik und Theaterwissenschaft, er lebt als Hörfunkjournalist und Autor in München. Zuletzt erschien von ihm „Wir Kleinbürger 4.0. Die neue Koalition und ihre Gesellschaft“ (Edition Tiamat, Berlin 2021) und „Apokalypse & Karneval. Neoliberalismus: Next Level“ (Bertz & Fischer, Berlin 2022), beide gemeinsam mit Georg Seeßlen.
Georg Seeßlen, geboren 1948, hat in München Malerei, Kunstgeschichte und Semiologie studiert. Er war Dozent an verschiedenen Hochschulen im In- und Ausland und schreibt heute als freier Autor unter anderem für Die Zeit, Frankfurter Rundschau, taz und epd-Film. Außerdem hat er rund 20 Filmbücher verfasst und Dokumentarfilme fürs Fernsehen gedreht.