Neuer Antisemitismus - Befund, Analyse, Verstehen (5/6)
Rap - ein Zerrbild der Gesellschaft?
Von Marcus Staiger
(Teil 6 am 21.7.2019)
Antisemitismusfragen spielen auch in der Popkultur eine Rolle, beispielsweise in der Debatte über Antisemitismus im deutschsprachigen Rap. Nach der Echo-Preisverleihung 2018, die zur Abschaffung des Musikpreises führte, geriet deutschsprachiger Rap endgültig ins Fadenkreuz der medialen Tugendwächter. Zwischen Verschwörungstheorien, Sexismus und Nahostkonflikt, immer auf der Suche nach dem stärksten Bild und der lyrischen Atombombe, enttäuscht deutscher Sprechgesang ständig die hohen politischen und sozialarbeiterischen Erwartungen, die an ihn gestellt werden. Durchaus blitzen im Rap immer wieder Geisteshaltungen auf, die einer näheren Betrachtung und Kritik würdig sind. Woher stammen diese Gedanken? Ein Essay über Rap als Zerrbild einer Gesellschaft, in dem all das laut ausgesprochen wird, was in ihr schon längst gedacht wird. Ob es ausgesprochen werden muss, bleibt die offene Frage.
Marcus Staiger, geboren 1971, lebt in Berlin. Er gründete 1998 das Rap-Label Royalbunker. 2008 war er für drei Jahre der Chefredakteur der Internetplattform rap.de. Seit 2011 Industriekletterer, freier Autor und Moderator für u.a. SPEX, Berliner Zeitung, FAZ, JUICE, vice, noisey, vice.TV. 2014 erschien der Roman ,Die Hoffnung ist ein Hundesohn’.