„Hier hat jeder eine Waffe, Doktor!“
Eine Lange Nacht über Ostanatolien
Von Manuel Gogos
Regie: Stefan Hilsbecher
Ost-Anatolien, das ist sprichwörtlich "Hinterland". Dichter am georgischen Tiflis und am armenischen Eriwan gelegen, als an Istanbul oder Ankara. Während Türken selbst Ostanatolien häufig als "sibirisch" empfinden, genießen die seltenen Besucher aus dem Westen seine wahrhaft "mongolische" Weite. Fährt man von Trabzon am Schwarzen Meer nach Van, passiert man auf der Fahrt den höchsten Berg der Türkei, den mythischen Ararat mit seinen 5.137 Metern, und den größten See - den Vansee, siebenmal so groß wie der Bodensee und tief in der Farbe der Türken leuchtend: in Türkis. Ostanatolien ist ein Mosaik verschiedenster Religionen und Kulturen. Im magischen Ort Ani direkt an der Grenze zu Armenien haben die Urartäer ihr Reich der 1.000 Kirchen errichtet. Doch Ostanatolien wurde auch zum Schauplatz der Todesmärsche der armenischen Bevölkerung um das Jahr 1915. Ostanatolien, das ist auch Kurdistan: Einstmals im Besitz kurdischer Stammesführer, nahmen im Rebellenland in den 90er-Jahren kurdische Frauen in geblümten Pumphosen im Kampf für ein freies Kurdistan das Gewehr in die Hand. Die 'Lange Nacht' lauscht uralten Musiktraditionen: den Surnas, jenen Tröten, die auf den berühmten kurdischen Hochzeiten für ausgelassene Stimmung sorgen, oder Duduks - armenischen Schnabelflöten, deren getragene Lieder mit der grandiosen Landschaft in der Grenzregion zu Armenien korrespondieren. Yaşar Kemal hat in seinen Büchern immer wieder auf seine Kindheitserinnerungen in Ostanatolien zurückgegriffen. Und Orhan Pamuk lässt im Roman "Schnee" seinen Protagonisten ins ferne Kars reisen, um eine mysteriöse Selbstmordserie junger türkischer Mädchen aufzuklären.