Hartmut Lange spricht über und liest aus „Der etwa vierzigjährige Mann“
Novellenautor Hartmut Lange ist seit Jahrzenten umgetrieben von dieser Frage: Weshalb ist selbst in Zeiten größter Blüte alles in Gefahr - die Kunst, die Zivilisation als solche - angesichts der Barbarei, die unsere Menschheitsgeschichte grundiert? In seiner neuen, fulminant gelungenen Novelle reist der titelgebende „etwa vierzigjährige Mann“ auf wundersame Weise durch die Zeiten, um überall zu beobachten, dass selbst die schönsten Gemälde und Bilder, dass auch kein Wohlstand das Morden verhindert. Im alten Rom, Sehnsuchtsort der westlichen Zivilisation, entstehen die prächtigsten Bauten, doch im Kolosseum werden keinesfalls die höchsten Dramen vorgestellt. Die Menge jubelt blutrünstigen Gladiatoren zu. Im Florenz der Renaissance verbrennt Botticelli unter den Repressionen der Moralapostel seine eigenen Werke. Die Aufklärung wollte die Menschen befreien und schickte doch allzu viele aufs Schafott, was früh ein Genie wie Georg Büchner erkannte („Dantons Tod“). Selbst Goethe unterstützte das Todesurteil gegen eine Kindsmörderin. Warum also dennoch: schreiben? Hartmut Langes neue Novelle, erschienen unter dem lakonischen Titel „Der etwa vierzigjährige Mann“ hat eine Antwort: Weil uns Kunst trösten kann.
Hartmut Lange, geboren 1937 in Berlin-Spandau, studierte an der Filmhochschule Babelsberg Dramaturgie. Für seine Dramen, Essays und Prosa wurde er vielfach mit Preisen ausgezeichnet, darunter der Gerhart-Hauptmann-Preis (1968), der Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (1998), und der Literatur-Nord-Preis für „Leptis Magna“ (2004). Er gilt als Erneuerer, wenn nicht gar als Revolutionär der alten Gattung „Novelle“. Zuletzt erschien von ihm der Novellenband „Am Osloer Fjord oder der Fremde“ (2022). Er lebt als freier Schriftsteller in Berlin.