„Glückloser Engel“
Eine Lange Nacht über Walter Benjamin
Von Michael Opitz
Regie: Rita Höhne
(Wdh. vom 19./20.2.2011)
Auf das ‚bucklicht Männlein‘ kommt Benjamin in der ‚Berliner Kindheit um Neunzehnhundert‘ zu sprechen. Wer von diesem buckligen Gesellen angesehen wurde, der gab nicht Acht und ihm zerbrach etwas oder er fiel hin. „Ungeschickt lässt grüßen“, kommentierte Benjamins Mutter diese Unachtsamkeit. Benjamin sucht für die ‚Berliner Kindheit‘, an der er im Exil schreibt, Bilder, die zu jener unwiederbringlich verlorenen Zeit gehören. Um Aufschluss über die Gegenwart zu erhalten, soll Vergessenes erinnert und Vergangenes rekonstruiert werden. Benjamin ist ein Sprachmagier, der seine Leser verführt. Der Literatur- und Kulturwissenschaftler, der auch Schriftsteller war, dachte dichterisch, wie es Hannah Arendt nannte. Geboren 1892 in Berlin, musste er 1933 emigrieren. Auf der Flucht vor den Nazis beging er 1940 in auswegloser Situation im spanischen Grenzort Portbou Selbstmord. Seine ‚Berliner Kindheit‘ blieb ebenso unvollendet wie das ‚Passagen-Werk‘, in dem er die Urgeschichte des 19. Jahrhunderts erzählen wollte. In die Passagen, diese Bauwerke aus Stahl und Glas, schickt Benjamin einen anderen Gesellen. Sein Flaneur wird zum Sammler, der jene unscheinbaren, vergessenen Dinge und Bilder einsammeln soll, die drohen, vergessen zu werden. Dem Vergessenen wie den Bruchstücken bemisst Benjamin enorme Bedeutung zu. Im Kleinsten sieht er jene Zusammenhänge vorgeprägt, die kennzeichnend sind für das Große. Eine ‚Lange Nacht‘ über Walter Benjamin, in der neben dem Wissenschaftler, Literaturkritiker und Rundfunkautor insbesondere der Schriftsteller Beachtung findet.