Verena Keßler liest aus und spricht über: "Gym"
Lügen haben dicke Beine in Verena Keßlers’ Sport-Groteske „Gym“. Die Ich-Erzählerin bekommt trotz Erdnussflips-Bauch den Job im Fitnessstudio, weil sie behauptet, sie habe vor drei Monaten entbunden, deshalb sei ihr Körper derzeit ein wenig undefiniert. „Mein Job war es, Smoothies und Proteinshakes zu mixen, isotonische Getränke kalt zu stellen, Riegel herauszugeben, Lieferungen entgegenzunehmen, Obst und Gemüse klein zu schneiden, den Geschirrspüler ein- und auszuräumen und die Edelstahlfläche streifenfrei zu halten. Die Aufgaben waren klar und einfach, ich musste sie nur erledigen, musste bloß da sein und machen. Es gab keine Probleme zu lösen und keine Ziele zu erreichen.“ Der lieb-tumbe Studioinhaber stellt die Mittdreißigerin ein, denn er bezeichnet sich selbst als Feminist, eine Alleinerziehende würde er stets unterstützen. So hilft er bei Muskelaufbau und Rückbildungsmaßnahmen. Aufgrund dieses Engagements wird der Erzählerin schnell klar, dass ihr Lügengebäude auf Treibsand steht - in dieser verschwitzt-lustigen Screwball-Komödie, zu der am besten ein frisch gemixter „Sixpack on the Beach“-Shake passt.
Verena Keßler, geboren 1988 in Hamburg, lebt in Leipzig, wo sie am Deutschen Literaturinstitut studierte. Ihr Debütroman „Die Gespenster von Demmin“ wurde für zahlreiche Preise nominiert und mit dem Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendium ausgezeichnet. Zuletzt erschien von ihr bei Hanser Berlin der Roman „Eva“, für den sie den Literaturpreis „Der zweite Roman“ erhielt.