Philipp Schönthaler liest aus seinem Roman "Das Schiff, das singend zieht auf seiner Bahn" (1/2)
(2. Lesung am 28.05.14)
Mit seinem ersten Erzählungsband "Nach oben ist das Leben offen" fiel Phlipp Schönthaler der Jury des Heidelberger Brentano-Preises als extrem, ja bis zur Entstellung sachlich-nüchterner Schreiber auf. Sein erzählerischer Diskurs ist eher technologischer Natur, frei von Empathie und Dramatik. Das ist in Schönthalers erstem Roman nicht anders. Die Figuren stellen sich den Herausforderungen, den Ansprüchen und Zumutungen unserer alltäglichen Arbeits- und Lebenswelten. Jeder Tag ist ein Kampf um optimiertes Aussehen, optimierte Arbeitsziele, optimierte Arbeitsplätze, optimierte Berufseinstellungen. Soll man nun daran scheitern oder darüber lachen? Schönthaler entscheidet sich in diesem außergewöhnlichen Roman für den feinen, genauen und ironischen Blick, den sanften und leisen Spott, geleitet von analytischer Neugier und Faszination. Offen bleibt nach der Lektüre, ob wir auf die Menschen in den Verhältnissen um uns oder ob wir bloß in einen Spiegel geschaut haben. Philipp Schönthaler, geboren 1976 in Stuttgart, begann ein Theologiestudium in San Antonio, Texas, wechselte dann nach Vancouver, um Anglistik und Kunst zu studieren. 2010 wurde er an der Universität Konstanz mit einer Dissertation zu "Negationen des Erzählers" promoviert. Für sein Erzähldebüt "Nach oben ist das Leben offen" erhielt er den Clemens-Brentano-Preis 2013; seine Erzählung "Ein Lied in allen Dingen" trug er beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2013 vor. Im Deutschlandfunk liest er nun selbst eine erste Passage aus seinem Roman vor.