Königin der Koloratur
Die Sopranistin Wilma Lipp (*1925)
Von Kirsten Liese
Ihre Karriere begann schon in sehr jungen Jahren, als die gebürtige Wienerin gerade einmal Anfang 20 war. Kurz nach Kriegsende gelangte Wilma Lipp 1945 ins legendäre Wiener Mozartensemble, dem damals Persönlichkeiten wie Elisabeth Schwarzkopf, Irmgard Seefried, Anton Dermota und Erich Kunz angehörten. Mit ihren perfekten stratosphärischen Tönen und ihrer Feurigkeit im Singen empfahl sie sich besonders als Mozarts nächtliche Königin in der ,Zauberflöte’, die sie allein an der Wiener Staatsoper 191 Mal verkörperte. Erstmals 1948 stand sie in dieser Partie auf der Bühne, als sie für ihre Kollegin Maria Stader einsprang. Noch im selben Jahr debütierte Lipp als Konstanze in Mozarts ,Entführung’ bei den Salzburger Festspielen. Der Umzug in die wiedereröffnete Staatsoper im November 1955 ging mit einem gut vorbereiteten Wechsel ins lyrische Fach einher. Die Sopranistin sang unter allen berühmten Dirigenten ihrer Zeit: Krips, Furtwängler, Walter, Krauss, Kleiber und Böhm. Vor allem aber in Herbert von Karajan, der 1956 als Operndirektor an die Wiener Staatsoper kam, fand die Sängerin einen Mentor, der ihre künstlerische Entwicklung entscheidend förderte. Anfang der 70er-Jahre zog sich die Sängerin von der Bühne zurück. Ihren Abschied gab sie Anfang der 80er-Jahre in der kleinen Partie der Marianne Leitmetzerin in Richard Strauss’ ,Rosenkavalier’.