Jan Peter Bremer liest aus seinem Roman ,Der junge Doktorand' (2/2)
Zwei Jahre schon warten die Greilachs mit an Verzweiflung grenzender Vorfreude auf die Ankunft eines jungen Doktoranden in ihrer abgelegenen Mühle. Er soll dem alternden Maler Günter Greilach zu neuem Ruhm verhelfen. Für seine Frau Natascha dagegen wird er zum Lichtblick ihrer Alltagsroutine. Ihre Hoffnungen reichen nahezu bis ins Unendliche, doch als der junge Mann nach mehreren Absagen plötzlich doch vor ihrer Tür steht, kommt alles anders als in den wildesten Träumen der handelenden Figuren ausgemalt - und zwar deswegen, weil jede Person in anderen Träumen befangen ist, ihr Glück an den jeweils anderen knüpft, der seinerseits ganz anderes wünscht usw... in einer heillosen Verkettung von persönlichen ich-zentrierten Imaginationen. Das ist entlarvend einerseits, auf der anderen Seite zeigt es aber auch die Macht und Heftigkeit der Neurosen und der Wünsche und wie sie die Realität überwuchern.
Nach ,Der amerikanische Investor’ gelingt dem vielfach preisgekrönten Jan Peter Bremer eine witzige Gesellschaftsparabel über unser allgegenwärtiges Bedürfnis im Mittelpunkt zu stehen, gemocht, gewollt zu sein. Kurzweilig und klug. Einen ‚wahren Chaplin der Schreibfeder‘ hat ein Kritiker Jan Peter Bremer genannt. In seinem Roman ,Der junge Doktorand’ kann man lesend die Probe auf diese Behauptung machen.
Jan Peter Bremer, 1965 in Berlin geboren, erhielt für einen Auszug aus seinem Roman ,Der Fürst spricht’ 1996 den Ingeborg-Bachmann-Preis. Er nahm Aufenthaltsstipendien im In- und Ausland wahr, unterrichtete am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und veröffentlichte zahlreiche weitere ausgezeichnete Romane, Hörspiele und ein Kinderbuch. Für seinen Roman ,Der amerikanische Investor’ (2011) wurde Bremer zuletzt mit dem Alfred-Döblin-Preis, dem Mörike-Preis und dem Nicolas-Born-Preis ausgezeichnet. Sein neuer Roman ,Der junge Doktorand’ war für den Deutschen Buchpreis 2019 nominiert. Jan Peter Bremer lebt in Berlin. Und er liest jetzt selbst einen zweiten Teil aus ,Der junge Doktorand’ vor.