Julia Kissina liest aus ihrem Roman "Elephantinas Moskauer Jahre" (1/2)
(2. Lesung am 13.7.16)
Mit dem Roman "Frühling auf dem Mond" hatte die Performerin und Autorin Julia Kissina vor zwei Jahren bereits eine wundersame Kindheitsgeschichte aus Kiew zur Brechnev-Zeit vorgelegt. Er stieß auf große Begeisterung unter den Kritikern. Nun wird diese Geschichte in Moskau in den 80er-Jahren fortgesetzt. Von Sehnsucht nach dem freien Künstlerdasein gepackt, folgt die junge Elephantina ihrem Literaten-Idol in die Katakomben Moskaus. Der rotgesichtige Dichterguru Pomidor, ein Mann in den besten Jahren, prominenter Kopf der Avantgarde, hat sie die ‘neue Achmatowa‘ genannt. Vergessen das provinzielle Kiew, die öde Kunstschule. Durch Bahnhöfe, Theatergarderoben und Museen von einer Schlafstatt zur nächsten irrend, findet die nonnenhaft gekleidete Nomadin eine Wohnung, die sie schon bald in eine Künstlerkolonie verwandelt. Dichterabende in überfüllten Studentenklubs mit Spitzeln in den hinteren Reihen, verbotene Kunstaktionen in Moskau und Umgebung, die Begegnung mit Allen Ginsberg, eine Vorladung beim KGB - doch all das ist nur die Kulisse, vor der Elephantina sich nach Pomidor verzehrt. Eine éducation sentimental aus den kälteren Zonen des Kalten Krieges .
Julia Kissina, 1966 in Kiew geboren, gehörte in den 80er-Jahren zum Kreis der Moskauer Konzeptualisten um Vladimir Sorokin und Pawel Pepperstein und machte sich mit spektakulären Kunstaktionen und als Fotokünstlerin auch international einen Namen. 2005 erschienen auf Deutsch "Vergiß Tarantino", sowie das Kinderbuch "Milin und die Zauberkreide", 2013 der Roman "Frühling auf dem Mond". Julia Kissina lebt heute in Berlin und liest nach einem kurzen Gespräch selbst aus ihrem neuen von Ingolf Hoppmann und Olga Kouvchinnikova übersetzten Roman "Elephantinas Moskauer Jahre" vor.