Erzählen gegen die Krise (2)
Wie wir von der Klimakrise erzählen, ohne zu verstummen
Von Birgit Schneider
Beim Sprechen über den Klimawandel geraten viele Menschen in eine Abwärtsspirale, an deren Ende ihnen die Worte ausgehen. Die Gesellschaft hat es bislang nicht geschafft, sich in Richtung von CO2-Neutralität zu transformieren. Es gilt, über neue Narrative ins Handeln zu kommen.
Die Wirklichkeit braucht neue sinnstiftende Erzählungen, denn Handlungen sind oft durch Erzählungen und Bilder geleitet. Gleichzeitig gilt, was der Schriftsteller Amitav Gosh sagt: „Die Klimakrise ist auch eine Krise der Kultur und deshalb eine der Imagination.“ Auch wenn die Folgen des Klimawandels nicht mehr zu übersehen sind und das Thema allgegenwärtig ist, fehlt uns das Vorstellungsvermögen dafür, was der Klimawandel bedeutet. Um den Mut aufzubringen, eine Welt im Wandel zu denken, braucht es neue Imaginationen und neue Geschichten. Birgit Schneider bringt Perspektiven und Stimmen zusammen und eröffnet neue Denkräume für die vielen kulturellen Facetten des Klimawandels jenseits von globaler Durchschnittstemperatur oder Kipppunkten. Sie versucht, Antworten auf die Frage zu finden, wie sich Menschen in den gemäßigten Breiten den Klimawandel vorstellen, welche Imaginationen und Geschichten sie dabei leiten. Sie stellt Perspektivwechsel, Widersprüche und auch ungewöhnliche Sichtweisen heraus, die unsere begrenzte Vorstellungskraft zu weiten vermögen. Denn um die Lücke zwischen Wissen und Handeln zu überwinden, macht es einen großen Unterschied, wie wir uns den Klimawandel erzählen.
Birgit Schneider ist Professorin für „Wissenskulturen und mediale Umgebungen“ an der Universität Potsdam. Im Zentrum ihrer Forschungen steht das Verhältnis von Ökologie und Medien. Bekannt geworden ist sie mit ihren Büchern „Klimabilder - Eine Genealogie globaler Bildpolitiken von Klima und Klimawandel“ (2018) und, jüngst, „Der Anfang einer neuen Welt. Wie wir uns vom Klimawandel erzählen, ohne zu verstummen“ (2023).